Senioren im Straßenverkehr

Shownotes

In dieser Folge spricht Béla Anda mit Siegfried Brockmann. Er ist Unfallforscher und Verkehrsexperte der Björn Steiger Stiftung und es geht um die Frage, ob Senioren im Straßenverkehr ein Sicherheitsrisiko darstellen. Ab wann lässt die Reaktionsgeschwindigkeit nach? Kann es einen verpflichtenden Führerscheinentzug geben und können zum Beispiel die eigenen Kinder die Abgabe des Führerscheins ihrer Eltern veranlassen? Und wie halten wir uns möglichst lange fit, um sichere Verkehrsteilnehmer zu bleiben?

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00:00:00: Die Björn-Steiger-Stiftung. Der Podcast.

00:00:03: Mai 1969. Auf dem Rückweg vom Schwimmbad wird der 8-jährige Björn-Steiger

00:00:09: von einem Auto erfasst und dabei schwer verletzt. Es dauert fast eine Stunde,

00:00:14: bis endlich ein Rettungswagen eintrifft. Björn-Steiger stirbt.

00:00:17: Nicht an seinen Verletzungen, sondern an den Folgen eines Schocks.

00:00:21: Die Eltern Ute und Siegfried Steiger gründen erst einen gemeinnützigen Verein.

00:00:25: Später entsteht daraus die Björn-Steiger-Stiftung. Durch ihr unerlässliches Engagement

00:00:30: wurden bis heute Millionen Menschenleben gerettet und vergleichbare Schicksalsschläge vermieden.

00:00:36: In diesem Podcast geht es um die Arbeit der Björn-Steiger-Stiftung

00:00:39: und die Bedeutung einer funktionierenden Notfallhilfe.

00:00:42: Wir sprechen mit Experten, Betroffenen und den Machern hinter den Kulissen.

00:00:46: Folge 18. Senioren im Straßenverkehr. Sicher unterwegs oder Gefahr am Steuer.

00:00:52: Wir sind hier heute in Berlin bei der Björn-Steiger-Stiftung

00:00:56: und ihrem Verkehrsexperten Hans-Sieg Frockmann.

00:00:59: Ich freue mich sehr, dass wir hier sind, nicht zum ersten Mal.

00:01:02: Aber als ich hier über die Straße gekommen bin, habe ich schon wieder gesehen,

00:01:05: ich schaff es gerade, obwohl ich glaube, doch auch noch sportlich bin, bis zum Mittelstreifen.

00:01:12: Denn so kurz sind hier zumindest in manchen Teilen Berlins Detaktungen

00:01:17: auf der Straße für Fußgänger.

00:01:20: Und ich frage mich, Herr Frockmann, wie soll es eigentlich Menschen gehen,

00:01:24: die 70, 80, vielleicht sogar 90 Jahre alt sind, oder auch gar nicht mehr so gut zu Fuß im Straßenverkehr?

00:01:31: Ist Ihnen das auch schon aufgefallen?

00:01:33: Ja, tatsächlich sind die Ampel natürlich nur ein Teilproblem,

00:01:37: eigentlich sogar das deutlich kleinere Problem.

00:01:39: Aber es hat natürlich auch was damit zu tun, wie wohl fühle ich mich dann auf so einem Übergang,

00:01:45: wenn zur Hälfte dann die Ampel rot wird und ich ja nicht mehr all zu viele Möglichkeiten habe.

00:01:49: Zurück dauert es dann genauso lange wie vorwärts.

00:01:52: Also muss ich den Rest ja bei rot zurücklegen.

00:01:55: Das Problem ist tatsächlich, dass die Regularien das hergeben.

00:01:59: Denn man rechnet die sogenannten Räumzeiten mit ein.

00:02:02: Das bedeutet, die Zeit, die also benötigt wird, um den Autoverkehr in eine Einrichtung,

00:02:08: wenn er den rot hat, abzuwickeln, also den ganzen Abbiegeverkehr zum Beispiel.

00:02:13: Und dann erst würde es für den Fußgänger problematisch so ist die Lesart, aber das stimmt natürlich nicht.

00:02:19: Weil der Fußgänger ein anderes Problem hat, nämlich mit abbiegenden Fahrzeugen,

00:02:24: die eben darauf warten, in diese Straße einzubiegen.

00:02:27: Und wir erleben es leider immer öfter, das ist ja auch ein Zeichen der Zeit,

00:02:31: dass diese Autofahrer sehr ungeduldig werden und dann eben schon ziemlich rupig an diese Fußgänger heranfahren.

00:02:38: Und meinen, sie könnten es damit beschleunigen.

00:02:40: Darüber wollen wir heute reden über die Rolle von Senioren im Straßenverkehr.

00:02:45: Die einen fühlen sich da bedrängelt, gedrängelt von der Straße weggefähigt.

00:02:51: Die anderen sind, sie haben es am gesprochen, genervt, weil sie sowieso so viel zu tun haben,

00:02:57: sich durch den Verkehr quälen müssen und dann sind dann auch noch diese Fußgänger da.

00:03:01: Wie in Deutschland beträgt der Anteil der Bevölkerung ab 60 Jahren mittlerweile etwa 25 Prozent,

00:03:07: sogar knapp darüber.

00:03:08: Das heißt, jeder vierte Mensch, der in Deutschland lebt, ist älter als 60.

00:03:13: Nun sind diejenigen, die 60 sind, wie beide wissen das, nicht gleich diejenigen, die 60 sind,

00:03:18: sondern es gibt sehr fitte Leute und andere, die schon wirklich so wirken als seins im Rentenalter.

00:03:25: 60 ist das neue 40, sagt der ein und die anderen sagen aber, oh Gott, mir geht es nicht mehr so gut.

00:03:31: Auch ich denke mal, wie gesagt, na ja, wo machen wir hier die Grenze, wo ziehen wir die Grenze?

00:03:37: Vor allen Dingen ist die Rücksicht für ältere Menschen im Straßenverkehr in den letzten Jahren zurückgegangen?

00:03:44: Also ich glaube, wir müssen zu Beginn unseres Gesprächs schon mal gleich sehr deutlich unterscheiden,

00:03:50: mit welchem Verkehrsmittel die Senioren unterwegs sind.

00:03:54: Das ist das eine.

00:03:55: Also es macht einen riesen Unterschied, ob sie zu Fuß sind mit dem Fahrrad oder eben selber noch Auto fahren.

00:04:00: Dann deklinieren wir es mal durch.

00:04:01: Ja und beim Thema Auto ist es natürlich erst mal so, dass die Gefahr für andere

00:04:06: und nicht nur für einen selber deutlich steigt, wenn ich nicht mehr in der Lage bin, das Fahrzeug sicher zu führen.

00:04:12: Und da sehen wir eben sehr klar, dass jenseits der 75 die Unfälle, die Senioren selbst verursachen,

00:04:22: rastisch ansteigen, also sie verursachen 75 Prozent aller Unfälle, in denen sie beteiligt sind.

00:04:27: Da selber, das ist eine Zahl, die liegt genauso hoch wie bei unserer Hochrisikogruppe der 18 bis 21-Jährigen.

00:04:35: Und da muss man natürlich für den Teil schon mal sich gewisse Dinge und Maßnahmen ausdenken.

00:04:42: Auf dem Fahrrad ist das wieder was anderes.

00:04:44: Da haben wir in der Vergangenheit relativ wenig hoch betagte Senioren gehabt.

00:04:50: Das lag einfach daran, dass sie nicht nur vielleicht unsicher waren,

00:04:54: sondern auch vielleicht Knieschmerzen haben mit Luftnot zu kämpfen haben.

00:04:58: Die sind einfach nicht mehr Fahrrad gefahren.

00:05:00: Die haben natürlich jetzt mit Elektrofahrrädern eine völlig neue Mobilität gewonnen, was ja erst mal schön ist.

00:05:08: Denn wenn alte Leute nur noch zu Hause sitzen, dann schreitet der Verfallsprozess natürlich viel schneller voran.

00:05:14: Also auf der einen Seite eben wirklich eine gute Sache, auf der anderen Seite aber natürlich auch wieder ein zusätzliches Gefährdungspotenzial.

00:05:22: Denn Pedelecs haben ja auch spezielle Probleme, sind etwas schwerer als normale Fahrräder,

00:05:26: da sind im Zweifel eben auch schneller als normale Fahrräder.

00:05:30: Und auch da brauchen wir eben eine völlig separate Betrachtung auf das Problem auch unterschiedliche Lösungsansätze.

00:05:37: Und das dritte Thema ist der Senior als Fußgänger.

00:05:41: Wobei man sagen muss, Fußgänger sind wir erstmal alle.

00:05:44: Selbst wenn wir Autofahrer wären, müsste man vielleicht zu seinem Parkplatz laufen oder als Benutzer des ÖPNV,

00:05:51: müsste man zur Haltestelle laufen.

00:05:52: Also wir sind erstmal alle Fußgänger, solange man überhaupt noch in der Lage ist, zu Fuß zu gehen.

00:05:59: Und dann muss man einfach wissen, dass wir hier eine völlig eigenständige auch Unfallart haben,

00:06:05: nämlich den sogenannten Überschreitenunfall.

00:06:08: Also das heißt Personen, die von der einen Fahrbahnseite auf die andere wollen,

00:06:13: während wir beim Radverkehr ja im Wesentlichen den Abbiegeunfall haben,

00:06:16: schon da sieht man, dass wir eben nicht alles in einen Topf werfen dürfen.

00:06:20: Was wir wissen ist, dass jeder zweite getötete Fußgänger jenseits der 70 ist.

00:06:26: Und da sieht man eben schon, dass wir uns da dieser Frage auch besonders widmen müssen.

00:06:31: Ich finde es toll, dass Sie so durchdekliniert haben und fangen wir an bei den älteren Menschen, die Autofahren.

00:06:38: Da gibt es ja Länder.

00:06:39: Italien gehört dazu, wo man als über 75-Jähriger jährlich nachweisen muss,

00:06:46: dass man noch fahrtüchtig ist, man muss also zu einer Prüfung gehen,

00:06:51: hin und wieder flackert das meistens im Sommer als Sommerthema auch hier auf,

00:06:56: wird dann aber sofort nach einer erregten Diskussion wieder adakter gelegt.

00:07:00: Nur wenn ich Ihnen zuhöre und genau zuhöre, dann ist es ja scheinbar wirklich so,

00:07:06: dass ab 75 möglicherweise bei einem Teil der Bevölkerung körperliche Einschränkungen kommen,

00:07:15: halt das bedingt, keiner will das gerne hören, aber es ist halt so,

00:07:18: müssten wir, weil wir doch alles regeln, warum lassen wir da freien Lauf und regeln das nicht?

00:07:24: Ja, also die Forderung ist tatsächlich relativ einfach gestellt und auch naheliegend das Problem liegt im Detail.

00:07:30: Also je tiefer man sich mit der Frage befasst, umso schwieriger wird der Lösungsansatz,

00:07:34: einfach weil die körperlichen Gebrechen gar nicht die entscheidenden sind.

00:07:39: Also die, die einem am ersten noch einfallen, sind vielleicht Schulternackenprobleme,

00:07:43: man kann den Kopf nicht mehr so weit drehen, also in Folge dessen vielleicht den Schulterblick nicht mehr richtig ausüben.

00:07:49: Aber ernsthaft, also wenn wir uns heute die Rückspiegel beim Auto ansehen,

00:07:53: also zwei riesige Elefantenohren zur Seite und ein großer Spiegel in der Mitte,

00:07:58: man kann sich, wenn man tatsächlich, also dann auch zwei oder dreimal schaut,

00:08:04: aus meiner Sicht relativ gut behelfen und ich halte das für ein überschaubares Risiko.

00:08:10: Das viel größere Risiko besteht in den sogenannten kognitiven Defizite.

00:08:14: Kognitive Defizite heißt komplexe Situationen nicht mehr schnell und richtig zu entscheiden.

00:08:22: Also praktisches Beispiel, man steht an der Kreuzung, will links abbiegen,

00:08:27: es kommt einem der Gegenverkehr entgegen, also Autogegenverkehr,

00:08:30: aber natürlich auch Radfahrer und Fußgänger haben in dem Moment grün,

00:08:33: nur nicht mit den gleichen Geschwindigkeiten.

00:08:36: Wenn Sie jetzt also in so eine Zeitlücke zwischen zwei Autos rein wollen,

00:08:39: dann ist es, je älter sie werden, immer schwieriger,

00:08:43: diese verschiedenen Verkehrströme gleichzeitig zu beurteilen und zu entscheiden.

00:08:47: Warum nicht das?

00:08:48: Das liegt einfach daran, dass diese kognitiven Fähigkeiten nachlassen

00:08:54: und die schlechte Nachricht für alle ist, die lassen bereits mit 35 nach,

00:08:58: aber wie so vieles, auch wie der Muskelschwund zum Beispiel, merkt man das lange Zeit gar nicht.

00:09:04: Und man kann es auch beeinflussen.

00:09:06: Also Menschen, die geistig besonders aktiv sind, die da eine viel längere Spanne,

00:09:12: wenn es denn keine dimensionellen Erkrankungen sind, die dahinter stecken,

00:09:16: als Leute, die vielleicht mit 5.50 Uhr in Frühwände gehen

00:09:19: und ab da dann gar nichts mehr machen, also Couch-Potato sind,

00:09:22: dass dieser Prozess verläuft nicht identisch, aber vom Prinzip her

00:09:27: ist er bei jedem Menschen vorhanden.

00:09:29: Das heißt, wir werden alle in unseren Prozessen in der Verarbeitungsgeschwindigkeit,

00:09:35: ich vergleichse immer gerne mit dem Computer, die Festplatte ist voll,

00:09:38: das geht auch nicht verloren, aber der Arbeitsspeicher wird halt immer kleiner.

00:09:42: Und das bedeutet, wenn ich mich jetzt mal an Altkanzler Helmut Schmitter erinnere,

00:09:47: der natürlich auch mit 96 noch brillante Diskussionen über die Weltlage führen konnte,

00:09:53: hätten sie ihn gleichwohl unter Druck setzen können,

00:09:56: damit er drei Entscheidungen gleichzeitig treffen muss.

00:09:59: Und das ist etwas, was eben jungen Leuten sehr leicht fällt und alten Menschen sehr schwer fällt.

00:10:05: Jetzt kommt das Gute, sie kompensieren, so nennen wir das wissenschaftlich,

00:10:10: das bedeutet, wenn man sich dessen bewusst ist,

00:10:12: dann bleibt man halt in der beschriebenen Kreuzungssituation

00:10:15: so lange stehen, bis weit und breit niemand kommt.

00:10:18: Meist zum Verdrust dahinterstehen, die dann, und jetzt kommt das nächste Problem,

00:10:23: wenn die rupen und natürlich den alten Menschen unter Druck setzen,

00:10:27: dann macht er möglicherweise dann doch wieder ein Fehler.

00:10:29: Also das heißt, die Kognition ist das eigentliche Problem.

00:10:33: Und jetzt kommt eben der Punkt, was wollen wir da eigentlich testen?

00:10:37: Und das ist eben nicht so trivial.

00:10:40: Das heißt, wir können, und dazu gibt es ausreichend wissenschaftliche Grundlagen,

00:10:44: wir können es also nicht im Labor machen,

00:10:47: wir können also nicht mal im Simulator diese Menschen mal veranlassen und gucken,

00:10:53: machen dies falsch oder richtig, und danach ist der Führerschein weg oder nicht,

00:10:56: sondern letztlich muss man miteinander Auto fahren.

00:10:59: Und jetzt kommt die nächste Hürde, die 45 Minuten, die man mit vielleicht Auto fährt,

00:11:04: da können massig komplexe Situationen entstehen,

00:11:07: wo auch ein junger Mensch was sagen würde,

00:11:09: oder es entstehen gar keine kritische Situation.

00:11:13: Und das macht die Sache eben so komplex.

00:11:15: Und so der klassische Reaktionstest, wir kennen das Leuchttelidioten an der Wand,

00:11:20: sondern muss man drauf drücken in einer bestimmten Zeit,

00:11:22: das würde nicht ausreichen, um sich ein Bild zu machen über die kognitiven Fähigkeiten.

00:11:28: Tatsächlich nicht, also der einfache Reaktionstest sowieso nicht,

00:11:31: da sind selbst alte Leute vergleichsweise gut,

00:11:34: also wenn sie jetzt jemanden vor so einem Buzzer setzen

00:11:36: und immer wenn eine alte Leuchte angeht, muss man da draufhauen zum Beispiel,

00:11:40: schneiden die sehr gut ab, da gibt es eigentlich gar nicht große Unterschiede zu jungen Menschen.

00:11:45: Wenn ich die jetzt gleichzeitig noch beauftragen würde,

00:11:48: am Computer irgendwas anderes zu spielen

00:11:51: und dann in irgendeiner Phase leuchtet dieses Licht auf,

00:11:54: dann sieht man schon Unterschiede, jetzt kommt aber wieder das nächste Problem.

00:11:59: Wissenschaftlich hat man sehr gut zeigen können, dass jemand, der dort durchfällt,

00:12:04: trotzdem ganz gut Auto fahren kann, nämlich weil er einfach gut kompensiert.

00:12:09: Das ist ja auch eine kognitive Leistung

00:12:11: und letztlich entscheidet sich ja ausschließlich im Auto, ob es jemand kann oder nicht.

00:12:17: Und das Schwierige ist eben hier ein Testprozedere herzustellen,

00:12:20: was das so abbildet und jetzt kommt das große Problem,

00:12:24: dass das vor dem Grundgesetz bestand,

00:12:26: denn wir reden ja natürlich hier von Artikel 2 Grundgesetz,

00:12:29: also Vulgo, die freie Entfaltung der Persönlichkeit,

00:12:33: dazu gehört in Deutschland auch, dass man ein Auto fahren darf

00:12:36: und man kann den Führerschein eben nur wegnehmen,

00:12:39: wenn ich hinreiche Tatsachen habe dafür, dass man dazu nicht mehr in der Lage ist.

00:12:43: Also es ist nicht so einfach, wie es sich anhört.

00:12:46: Aber andersherum gesagt, alle, die sich jetzt vielleicht eingangs unseres Gesprächs Sorge gemacht hätten,

00:12:53: oh ich bin jetzt schon 60 und in 10 Jahren ist mein Führerschein weg

00:12:57: oder dann kommen irgendwelche Leute auf die Idee höhere Anforderungen an den Weiterbestand

00:13:03: oder die vergabe, dauerhafte Vergabe des Führerscheins zu rechten,

00:13:08: die können beruhigt sein.

00:13:10: Tatsächlich, ihr seht das im Moment so,

00:13:12: also ich kann mir kein Prozedere vorstellen, was in einer ausreichenden Anzahl korrekte Urteile generiert,

00:13:20: denn das wäre ja für die Verfassungsfrage entscheidend.

00:13:23: Also dass wir hier nicht zu viele Zufallsergebnisse oder auch zufällig Falschergebnisse haben.

00:13:28: Und weil das so ist, gibt es ja seit längerem den Vorschlag einer sogenannten Rückmeldefahrt,

00:13:34: auch der Deutsche Verkehrssicherheitsrat, hat ja einen entsprechenden Beschluss gefasst,

00:13:38: denn wir wollen zumindest eins machen, dieses Erkenntnisdefizit beseitigen,

00:13:43: wie bei so vielen anderen Dingen sind das ja schleichende Prozesse.

00:13:46: Das heißt, die Senioren sind sich oft gar nicht bewusst darüber,

00:13:50: wie schlecht sie inzwischen kognitiv geworden sind,

00:13:53: halten sich oft gerade Männer für sehr gute Autofahrer,

00:13:55: auch wenn Beifahrer das im Zweifel schon völlig anders innen.

00:13:59: Ja, im Angst, Tiefen.

00:14:01: Und man lässt dann eben auch solche Sachen nicht an sich ran.

00:14:05: Das ist auch ziemlich vermindetes Gelände in Familien,

00:14:08: teilweise sehr schwer anzusprechen.

00:14:10: Und diese Rückmeldefahrt würde eben dafür sorgen,

00:14:15: dass man zumindest einen Erkenntnis gewinn hat.

00:14:17: Und mit Erkenntnisgewinn kann man natürlich auch sein eigenes Verhalten anpassen.

00:14:21: Und jetzt kommt der nächste wichtige Punkt,

00:14:24: dass wir öffentlich immer nur zwischen schwarz und weiß ja und nein diskutieren.

00:14:29: Aber das ist eben viel zu kurz gegriffen,

00:14:31: wenn wir mal uns aufs Land versetzen,

00:14:35: also kleine Ortschaften, wo ja das Problem noch viel evidenter ist,

00:14:39: weil es da gar keinen vernünftigen ÖPNV gibt.

00:14:41: Dann kann es sehr gut sein, wenn ich mir meiner Defizite bewusst bin,

00:14:46: dass ich sage, okay, die bekannten Wege zum Arzt, zum Supermarkt,

00:14:51: zur Apotheke, die kann ich noch fahren,

00:14:53: wenn ich auch vielleicht ein bisschen konservativ fahre

00:14:56: und im Zweifel stehen bleibe.

00:14:58: Dann gelingt das noch sehr gut.

00:15:00: Ich fahre halt nur nicht mehr in die große Stadt rein,

00:15:03: was ich bis dahin vielleicht gemacht habe.

00:15:05: Und deswegen kann der Erkenntnisgewinn alleine

00:15:07: schon zu einem großen Sicherheitsgewinn führen.

00:15:10: Aber das, Herr Brockmann, setzt ja voraus,

00:15:13: dass ich mir darüber im Klaren bin,

00:15:15: dass mich jemand dann auch ein bisschen in diese Richtung bringt,

00:15:18: ohne dass ich das als große Einschränkung oder Bevorwundung ansiehe.

00:15:22: Es gibt so ein wunderbaren Film mit Clint Eastwood,

00:15:24: der spielt einen älteren Mann da mit einer Familie,

00:15:27: mit der er nicht so gut auskommt.

00:15:29: Irgendwann schinken die ihm dann, weil er auch schon in die Jahre gekommen ist,

00:15:32: so ein super-size Handy mit großen Tasten.

00:15:35: Und er sieht sich das an und guckt, er hat seine Familie an und sagt,

00:15:38: "Nach dem Motto habt ihr es noch alle."

00:15:40: Und dieses Gefühl, weil man sich natürlich so fühlt,

00:15:43: als sei man immer jung, ist natürlich eines,

00:15:45: dass man überwinden muss, wie schafft man hier mit Sensibilität

00:15:49: oder Aufklärungskampagnen, ich weiß nicht,

00:15:51: dieses Bewusstsein, den Menschen nahezubringen,

00:15:54: ohne dass sie sich drangsaliert bevorwundet fühlen.

00:15:56: Es ist so, dass wir natürlich in dem Moment,

00:15:59: wo wir das Wort Prüfung vermeiden und auch klar kommunizieren,

00:16:03: dass es nicht um den Verlust oder Erkrankungen

00:16:05: der Verhalt der Fahrlaubnis geht, schon mal den ersten wichtigen Schritt gemacht haben.

00:16:09: Weil es hier natürlich um eine Frage der Wertschätzung geht, auch ältere Leute, die einfach, denen

00:16:18: wir sagen, also es gibt Dinge, die lassen dem Alter nach, guckt doch mal, ob du dazu gehörst,

00:16:24: ob einzelne Dinge darauf zutreffen für dich und das kann keiner besser beurteilen als

00:16:30: Experten, die mal mit dir fahren.

00:16:32: Ich finde, das ist eine Kommunikation, die kann man sich auch im Alter gut gefallen lassen

00:16:36: und ich kenne niemanden, der an solchen Rückmeldefahrten teilgenommen hat, der im Nachhinein dann,

00:16:43: auch wenn man Bewertungsbürgen verteilt, gesagt hat, also das fand ich jetzt furchtbar

00:16:48: oder so.

00:16:49: Ganz im Gegenteil, die allermeisten nehmen viel Erkenntnis mit und es bleibt ja dabei,

00:16:54: dass wir sie als entscheidende Individuen belassen.

00:16:57: Das heißt, sie dürfen selber sehen, wie sie mit dem umgehen, was sie da erfahren haben.

00:17:02: Technisch nennt man die so Rückmeldefahrten?

00:17:04: Ja, tatsächlich, weil es eben nicht um eine Prüfung geht, weil es darum geht, diesen

00:17:08: Begriff zu vermeiden, weil es darum geht, eine Rückmeldung zu bekommen über das, was

00:17:14: ich hier abliefe im Verkehr.

00:17:15: Und dir mache ich mit wem ein Fahrlehrer oder wie?

00:17:18: Ja, der Punkt ist eben, dass das zurzeit ja nur ein Vorschlag ist, also eine freiwillige

00:17:23: Maßnahme, die beispielsweise Fahrschulen anbieten, beispielsweise auch der ADAC anbietet.

00:17:30: Da kann man hingehen.

00:17:32: Das muss nicht zwingend ein Fahrlehrer sein, das kann auch ein anderer Experte sein im

00:17:35: seltenen Fällen und dann aber auch idealerweise ein Verkehrspsychologe, das wird noch nicht

00:17:40: allzu häufig vorkommen.

00:17:41: Die einzige Hürde, die wir ja hier noch nehmen müssen, ist, dass es eben eine freiwillige

00:17:47: Veranstaltung ist und so sieht es auch der Deutschen Verkehrs-Sicherheitsrat.

00:17:50: Ich bin persönlich der Meinung, dass wir da noch einen Schritt weiter springen müssten,

00:17:55: denn wie bei allen Dingen bei jungen Fahrern haben wir ein ähnliches Problem, melden sich

00:18:00: immer die freiwillig, die noch ein ziemlich gutes Gefühl dafür haben, dass sie es auch

00:18:04: können.

00:18:05: Alle anderen, die schon so eine Ahnung haben oder auch schon zwei Unfälle in den letzten

00:18:09: zwei Jahren, das kann man an seinem Schadenfreiheitsgabert immer gut sehen, die lassen das lieber

00:18:14: bleiben, weil sie eigentlich gar nicht genau wissen wollen, wie es um sie steht.

00:18:19: Deswegen brauchen wir diese Rückmeldefahrt immer noch unter vier Augen, aber doch als

00:18:23: Obligatorium.

00:18:24: Das bedeutet, meiner Meinung nach sollte man ab dem 75.

00:18:29: Lebensjahr in regelmäßigen Abständen eine solche Rückmeldefahrt absolvieren müssen.

00:18:35: Und was den Kostenfaktor betrifft, kann ich dazu nur sagen, man muss auch alle zwei Jahre

00:18:40: zum Tüffen mit dem Auto und bewegen uns ja hier in ähnlichen Kreisregionen.

00:18:44: Das heißt, es ist nichts, was etwa sozial jemand in die Katastrophe stürzen würde, der sich

00:18:49: noch ein Auto leisten kann.

00:18:51: Also einmal pro Jahr anmelden zur Rückmeldefahrt bei einer Fahrschule oder ADRC oder sonstiger

00:18:57: Organisation, die das wahrscheinlich dann nach einem Kriteriumskatalog durchführt und

00:19:03: dann attestiert ja prima oder eben...

00:19:06: Genau, wobei ich eben nicht einjährige Zyklen haben möchte, sondern erst mal steht nur

00:19:10: fest ab 75, weil da haben wir die statistische Evidenz sehr klar.

00:19:14: Aber wir können uns auch andere Intervalle vorstellen, die können wir gerne nochmal

00:19:19: gemeinsam gesellschaftlich diskutieren.

00:19:21: Also beispielsweise, wie das beim TÜV ja auch der Fall ist, dann erst mal ein dreijähriges

00:19:25: Intervall, dann ein zweijähriges Intervall und wir müssen natürlich dann möglicherweise

00:19:31: jenseits der 85 irgendwann auf ein jährliches Intervall kommen, weil da verändert sich das

00:19:36: natürlich innerhalb eines Jahres zum Teil dramatisch.

00:19:39: Was passiert, Herr Brockmann, wenn das Ergebnis ist, nein, hier gibt es große Defizite,

00:19:45: hat man dann noch nach den Möglichkeiten, die man jetzt erratet.

00:19:49: Sie weiß nicht, daraufhin ist es noch nicht ganz ausgereift, aber was passiert dann?

00:19:53: Hab ich noch eine Chance nachzuschärfen, zu trainieren oder sagt man direkt, lappen

00:19:58: weg.

00:19:59: Also erst mal ist es so, dass man das selbst entscheiden darf.

00:20:01: Also niemand wird einem das vorschreiben, weder der Begleiter noch eine Vererlaubnisbehörde,

00:20:06: denn die erfährt ja gar nichts davon.

00:20:07: Man darf das selbst entscheiden.

00:20:09: Nun ist es erst mal so, dass ich hier relativ hohes Vertrauen in die Seniorinnen und Senioren

00:20:14: habe.

00:20:15: Das wissen wir auch aus Befragungen, weil die sich durchaus ihrer Verantwortung bewusst

00:20:19: sind und eigentlich mit sehr, mit sehr hohem Prozentsatz sagen, als ich möchte, niemand

00:20:24: anders gefährden.

00:20:25: Deswegen glaube ich tatsächlich in dem Moment, wo die Erkenntnis darüber gereift ist, wie

00:20:31: schlecht es dann, wir reden ja hier von extremen Beispielen, steht, dann werden auch die richtigen

00:20:37: Konsequenzen gezogen.

00:20:39: Und ich persönlich bin immer auch sehr der Auffassung der Führerschein.

00:20:44: Den darf man sich ruhig in die Schublade legen, denn der hat auch was mit Selbstwertgefühl

00:20:48: zu tun.

00:20:49: Ich glaube, gerade in der Generation, in der wir beide jetzt sind, kann man sich noch sehr

00:20:53: gut an den Tag erinnern, wo man diesen Führerschein gemacht hat.

00:20:56: Oh ja.

00:20:57: Der hat was damit zu tun, dass man erwachsen geworden ist und deswegen hat der Verlust

00:21:02: des Führerscheins etwas damit zu tun, dass man wieder quasi zum Kind wird, also zum

00:21:07: unmündigen Menschen, wovor ja viele alte Menschen sowieso Angst haben.

00:21:11: Also der Führerschein darf ruhig in der Schublade bleiben, aber es würde ja viel helfen, wenn

00:21:16: man sagt, ich ziehe jetzt die Konsequenzen, das Auto wird verkauft und ich lasse mich

00:21:20: dann von Enkeln, Kindern oder von wem auch immer fahren.

00:21:23: Das reicht mir völlig aus.

00:21:24: Und jetzt gibt es noch ganz, ganz seltene, vielleicht Beispiele, wo der begleitende Mensch

00:21:32: feststellt.

00:21:33: Also das ist eine derartige Katastrophe.

00:21:35: Wir können kein Kilometer zurücklegen, ohne dass jemand hier schwer gefährdet wurde.

00:21:39: Und ich habe einen uneinsichtigen Menschen bei mir.

00:21:42: Ja, das kann ja auch bei Kindern der Fall sein.

00:21:44: Nehmen wir an, einer meiner Söhne fährt mit mir in 20 Jahren durch die Gegend und ich

00:21:49: schreitse damit hundert durch Berlin, weil es halt so frei und so schön ist und er denkt

00:21:53: mein Gott, merkt er es noch und sagt, also so geht es nicht weiter.

00:21:58: Welche Möglichkeiten hätte der denn dann einzuschreiben?

00:22:01: Das Instrumentarium dafür ist jetzt schon da, denn die Fallerlaubnisbehörde muss natürlich,

00:22:08: wenn sie Kenntnis davon erlangt, dass jemand nicht mehr in der Lage ist, ein Kraftfahrzeug

00:22:12: zu führen, entsprechende Maßnahmen einleiten.

00:22:15: Eine entsprechende Maßnahme heißt MPU oder Volksmunt Idiotentest.

00:22:21: Der trifft also nicht nur Alkoholsünder, sondern eben auch hochbetagte Menschen.

00:22:25: In der Regel ist das so, dass die Polizei diesen Hinweis gibt, weil sie beispielsweise

00:22:30: jemanden dabei beobachtet hat, der völlig unsichere Fahrweise zeigt, aber nicht betrunken

00:22:35: war und entsprechend hohes Alter hatte, dann wird das der Fallerlaubnisbehörde gemeldet.

00:22:40: Mit den eigenen Kindern ist das etwas problematischer, noch problematischer wird es mit Nachbarn,

00:22:47: weil die Fallerlaubnisbehörde natürlich immer ausschließen muss, dass da jemand nur jemanden

00:22:52: fertig machen will.

00:22:53: Also alte Rivalitäten in der Nachbarschaft dürfen natürlich nicht über die Fallerlaubnisbehörde

00:22:58: ausgetragen werden.

00:23:00: Deswegen ist das immer ein längerer Prozess, der nicht zwingend zur MPU führt.

00:23:05: Aber den Versuch müsste man, wenn man dann tatsächlich der Meinung ist, das geht ganz

00:23:10: und gar nicht mehr, dann natürlich mit einer begründeten Schilderung dann auch versuchen.

00:23:15: Weil wir reden hier tatsächlich von Grenzfällen.

00:23:18: Nun, wird unsere Gesellschaft ja älter und 25 Prozent sind schon über 60 und dieser Altersbauch

00:23:25: geht ja mit nach oben, wird zum Alterskopf.

00:23:28: Das heißt, in zehn Jahren sind 25 Prozent und mehr schon über 70.

00:23:33: Gibt es eine Möglichkeit, unsere Verkehrsinfrastruktur altersgerechter zu machen und wenn ja, wie

00:23:39: kann die aussehen?

00:23:40: Ja, bleiben wir zunächst mal noch beim Thema Senior als Autofahrer.

00:23:44: Da haben wir ja natürlich auch Möglichkeiten, technischer Art.

00:23:49: Wir haben ja in einem anderen Podcast schon über das Thema Automatisierung im Fahrzeug

00:23:54: gesprochen.

00:23:55: Die kann natürlich auf mittlere Sicht da eine große Entlastung bringen, wenn sie so gut

00:24:02: funktioniert, dass man nicht mehr eingreifen muss.

00:24:06: Denn die kognitiven Defizite bedeuten eben auch, dass eine unvollkommene Technik natürlich

00:24:11: eine doppelte Katastrophe bedeutet.

00:24:13: Also eine, die im Grenzfall aussteigt und sagt, Fahrer, übernimm mal selber, wird ein hochbetagten

00:24:19: Senior erst recht überfordern.

00:24:21: Das heißt, wenn hier Hoffnung liegen soll auf Automatisation, dann darauf, dass sie irgendwann

00:24:27: tatsächlich ohne Eingriff des Menschen funktioniert.

00:24:30: Das wird nicht in zwei, drei oder fünf Jahren der Fall sein, aber ich halte es auch nicht

00:24:34: für ausgeschlossen.

00:24:35: Und dann haben wir vielleicht auch die, die dann jetzt in zehn Jahren schon 80 plus sind,

00:24:42: die können dann tatsächlich auch wieder Auto fahren, weil die Technik einfach so gut ist,

00:24:45: dass sie das auffängt.

00:24:46: Also Fahrerassistenzsysteme, die noch ausgereifted sind und speziell darauf ausgerichtet sind.

00:24:52: Und tatsächlich, dass Fahrzeuge auch alleine steuern können, also den Spurwechsel alleine

00:24:56: machen können, in den Notbremsung einleiten, wenn es eine problematische Situation gibt.

00:25:01: Das, glaube ich, wird auch mit dem Fortschreiten der Rechnerkapazitäten in fünf, sechs, sieben

00:25:08: Jahren so ausgereift sein, dass man dann auch vieles auf die Technik delegieren kann.

00:25:14: Kommen wir nochmal zum allgemeinen Straßenbildstraßenverkehr, gerade in Großstädten, wo ja immer

00:25:21: noch auch Senioren unterwegs sind, auch zu Fuß.

00:25:24: Wie könnten Städte sich darauf einstellen, dass sie einen immer größeren Anteil an

00:25:30: das älteren Menschen haben, gerade in Deutschland?

00:25:33: Also zunächst ist es ja so, dass jede Stadt, jede Kommune natürlich immer die Quadratur

00:25:38: des Kreises machen muss.

00:25:39: Wir haben ganz am Anfang ja schon über die Grünzeiten von Fußgängerampeln gesprochen,

00:25:45: die in der Regel nicht ausreichen, um bequem von A nach B zu kommen, sondern irgendwann

00:25:51: wird es dann rot und man muss den Rest bei rot zurücklegen.

00:25:53: Wenn ich das anders haben wollte, müsste ich teilweise natürlich den Autoverkehr so weit

00:25:59: beschränken, dass es unweigerlich zu Staus kommt.

00:26:01: Und diesen Spagat müssen Verkehrsplaner entweder aushalten oder die Politik gibt eben eine eindeutige

00:26:07: Richtung vor, die dann heißt, ja dann steht der Verkehr eben im Stau.

00:26:11: Aber auch das ist eben nicht nur eine Frage von Individualverkehr, sondern bedeutet eben

00:26:15: auch, dass der Güterverkehr im Stau steckt, das Gewerbe im Stau steckt, dass, wo ich keine

00:26:22: Busspur habe, natürlich auch der Bus im Stau steckt.

00:26:25: Also es ist nicht ganz so trivial und deswegen glaube ich, müssen wir uns zunächst mal darauf

00:26:31: konzentrieren, dass ich sogenannte Querungshilfen dort einrichte, wo ich sie brauche.

00:26:38: Querungshilfen, darunter verstehen wir Fußgängerampel, also eine Anforderungsampel, eine Zebra-Streifen

00:26:45: oder eine Mittelinsel.

00:26:47: Denn die drei Dinge erleichtern es alleine schon die Mittelinsel ganz wesentlich, weil

00:26:52: ich eben dann immer nur in eine Richtung den Verkehr beobachten muss.

00:26:56: Und wenn wir uns nochmal an die kognitiven Defizite erinnern, ist das für Senioren gerade

00:27:00: eben ein entscheidender Faktor, die Komplexität zu reduzieren.

00:27:04: Und deswegen nützt sowas eine ganze Menge, was die Kommunen bisher nicht ausreichend

00:27:09: machen, manche machen es sogar gar nicht, ist sich die Verkehrsströme anzusehen, was

00:27:15: beim Auto völlig selbstverständlich ist, machen wir beim Fußgänger eben in der Wege

00:27:19: nicht.

00:27:20: Und das bedeutet, ich kann nicht alle 30 Meter eine Mittelinsel bauen, das wird nicht funktionieren,

00:27:26: also muss sie an der Stelle sein, wo ich wirklich den Querungsbedarf habe und den muss ich

00:27:31: halt ermitteln und da haben wir glaube ich noch ziemlich viel Luft nach oben.

00:27:34: Und wonach wird sich das richten, Herr Brockmann, dass eben viele Menschen die Straße überqueren

00:27:39: oder was sind da die Kriterien?

00:27:40: Ja, also die erste einfachste Hinweise habe ich natürlich über die Unfälle, die passieren.

00:27:46: Die kann ich auf der sogenannten Unfalltypen-Steckkarte gut sehen.

00:27:49: Also wo ich schon Fußgängerunfälle habe, da gucke ich mir natürlich die Situation mal

00:27:55: zuerst an.

00:27:56: Das ist jetzt die einfache Variante.

00:27:57: Und dann sage ich, okay, wo ist hier das Problem?

00:28:00: Vielleicht sind da parkende Fahrzeuge, die die Sicht behindern oder die Fahrbahn ist zu

00:28:03: breit, um da halbwegs sicher rüberzukommen.

00:28:06: Dann muss ich die entsprechenden Maßnahmen ergreifen, die alle natürlich im Baukasten

00:28:11: des Planers vorhanden sind.

00:28:13: Die zweite Stufe ist dann schon etwas komplexer.

00:28:16: Da gehen wir nämlich von der Frage aus, werde ich zukünftige Unfälle verhindern können.

00:28:21: Also jeder von uns hat ja immer so ein Gefühl, so eine subjektive Unsicherheit an einer Stelle.

00:28:26: Das kann durchaus sein, dass ich da keine Unfallhäufung habe.

00:28:29: Trotzdem ist es dort nicht ungefährlich.

00:28:30: Und da haben wir eben im Moment nicht die Möglichkeit zum Beispiel Tempo 30 anzuordnen,

00:28:36: weil das Gesetz das nicht zulässt und eine Städteinitiative in Deutschland das ja schon

00:28:41: lange fordert, allerdings bisher ergebnislos.

00:28:44: Also Tempo 30 natürlich als ein ganz wesentliches Mittel für beide Seiten.

00:28:49: Also erstmal verkürzt sich natürlich der Anhalteweg für das Auto dramatisch.

00:28:53: Wenn man mal einen Fußgänger nicht rechtzeitig gesehen hat, der da vielleicht zwischen Autos

00:28:58: hervortritt.

00:28:59: Und auf der anderen Seite reduziert es auch das Problem für einen Fußgänger gerade,

00:29:04: für einen höheren Alters die Geschwindigkeit des heranlandenden Autos etwas richtiger

00:29:09: einzuschätzen, denn das ist für alle ein Problem.

00:29:12: Und wenn das Auto langsamer fährt, habe ich für beide Seiten natürlich eine vernünftige

00:29:16: Lösung gefunden.

00:29:17: Wir sind in Berlin.

00:29:18: Berlin ist eine harte Stadt, aber auch mit Herz.

00:29:21: Es gibt viele ältere Menschen hier.

00:29:23: Da sind wir einmal ein bisschen philosophisch werden, wie wir mit älteren Menschen grundsätzlich

00:29:28: umgehen.

00:29:29: Bei mir war so ein Beispiel aufgefallen.

00:29:31: Ich war kürzlich in der Türkei in Istanbul auf dem Flughafen.

00:29:35: Und es sind ja immer mehr Menschen in fortgeschrittenen Alter, die auch gebehindert sind oder eingeschränkt

00:29:41: sind, unterwegs.

00:29:42: Also unglaublich mobil, das ist toll.

00:29:44: Es gibt an vielen Flughäfen.

00:29:46: Istanbul gehört dazu Einrichtungen, wo Menschen dann eben transportiert werden.

00:29:51: Die lange, lange Strecken ist ein Riesending dieser Flughafen, da der neu von A nach B kommt,

00:29:56: vom einem geht es, am anderen gerade wenn sie umsteigen, was da der Fall war.

00:29:59: Da war jetzt ein Angestellter des Flughafens, der sammelte mit seinem Taxi dann die älteren

00:30:07: Menschen ein und brüllte die an.

00:30:10: Und dass sie jetzt gefälligstig da rein setzen, das brüllte darauf eng nicht.

00:30:14: Deswegen verstand ich das.

00:30:15: Und ich war in mir, ich war, ich stieg so die Wut hoch in dem Moment.

00:30:19: Ich bin tatsächlich hingegangen zu diesem Typ, man habe gesagt, was fällt Ihnen eigentlich

00:30:22: ein, so mit den Menschen umzugehen.

00:30:23: Doch auch wissen Sie, ich bin nur Energie geladen.

00:30:26: Deswegen rede ich so.

00:30:27: Aber es war so ein völliger Mangel an Respekt.

00:30:30: Ich meine es jetzt nicht auf Türken bezogen, nicht dass das hier einer falsch in den Hals

00:30:33: kriegt, sondern grundsätzlich ist mir auch in Deutschland schon passiert so was.

00:30:37: Also brauchen wir auch so was wie ein bisschen mehr Verständnis im Alltag gegenüber denjenigen,

00:30:44: die jetzt nicht mit 100 km/h zu Fuß unterwegs sind, über Spitz gesagt.

00:30:48: Also ich glaube ehrlich gesagt, was das in Deutschland einigermaßen gut funktioniert.

00:30:54: Also ich habe da, also das USA eigentlich, auch nur positive Erfahrungen, wenn ich so

00:30:58: denke.

00:30:59: Und wo das nicht der Fall ist, da glaube ich tut die Demografie alleine ihr Werk.

00:31:05: Denn in einer Gesellschaft, in der jeder Dritte über 65 ist, werden wir ganz automatisch

00:31:11: zu völlig anderen Prozederen kommen.

00:31:14: Nämlich alles wird etwas langsamer.

00:31:16: Der gesamte Verkehr wird sich daran orientieren müssen, dass Leute, ich sag mal anders drauf

00:31:21: sind, eben gar nicht mehr schnell sein möchten, nicht mehr rasen möchten jetzt auf das Auto

00:31:25: bezogen und da werden sich alle anderen, glaube ich, durchaus anpassen müssen.

00:31:30: Noch haben wir ja eine ausgeprägte Jugendkultur in Deutschland, teilweise sogar gegen den

00:31:37: demografischen Befund.

00:31:38: Ich glaube aber nicht, dass sich das noch allzu lange durchhalten lässt.

00:31:41: Also insofern glaube ich, von der Wertschätzung her, wird sich das mittelfristig ganz automatisch

00:31:46: so ergeben.

00:31:47: Also Mehrlässigkeit und ein bisschen mehr Suche.

00:31:51: Ich glaube, das wird so kommen.

00:31:53: Also eine Gesellschaft, in der wie gesagt jeder Dritte in diesem Alter ist, wird sich automatisch

00:31:58: dahin verändern.

00:31:59: Herr Brockmann, vielen herzlichen Dank für dieses Gespräch.

00:32:02: Gerne.

00:32:03: Die Björn Steigerstiftung, der Podcast.

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