Die Klage - Strukturschwäche im deutschen Rettungssystem

Shownotes

In dieser Folge geht es um ein Thema, das uns alle betrifft: Die Schwächen im deutschen Rettungssystem – und warum dringend Reformen notwendig sind.

Béla Anda spricht mit zwei hochkarätige Experten: Unsere Gäste: 🎙 Pierre-Enric Steiger – Präsident der Björn Steiger Stiftung, setzt sich seit Jahren für Verbesserungen im Rettungswesen ein. 🎙 Professor Dr. Frank Ulrich Montgomery – Arzt, ehemaliger Präsident der Bundesärztekammer und internationaler Experte im Gesundheitswesen.

In dieser Folge erfahrt ihr: ✅ Warum die Notfallversorgung in Deutschland einem Postleitzahlen-Lotto gleicht. ✅ Wie ineffiziente Strukturen Menschenleben gefährden – und warum Rettungsdienste nicht über Landesgrenzen hinweg zusammenarbeiten. ✅ Was in anderen Ländern besser läuft – und warum Deutschland beim Rettungswesen als „Entwicklungsland“ gilt. ✅ Welche technischen und strukturellen Lösungen dringend umgesetzt werden müssen. ✅ Warum eine bundesweite Reform die Notfallversorgung gerechter, effizienter und lebensrettender machen könnte.

In dieser Folge geht es um eine wegweisende Verfassungsbeschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland – mit dem Ziel, das Rettungssystem zu reformieren und bundesweit zu vereinheitlichen.

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00:00:00: Die Björn-Steiger-Stiftung. Der Podcast.

00:00:03: Mai 1969. Auf dem Rückweg vom Schwimmbad wird der 8-jährige Björn-Steiger

00:00:09: von einem Auto erfasst und dabei schwer verletzt. Es dauert fast eine Stunde,

00:00:14: bis endlich ein Rettungswagen eintrifft. Björn-Steiger stirbt.

00:00:17: Nicht an seinen Verletzungen, sondern an den Folgen eines Schocks.

00:00:21: Die Eltern Ute und Siegfried Steiger gründen erst einen gemeinnützigen Verein.

00:00:25: Später entsteht daraus die Björn-Steiger-Stiftung. Durch ihr unerlässliches Engagement wurden bis

00:00:31: heute Millionen Menschenleben gerettet und vergleichbare Schicksalsschläge vermieden.

00:00:36: In diesem Podcast geht es um die Arbeit der Björn-Steiger-Stiftung und die Bedeutung

00:00:40: einer funktionierenden Notfallhilfe. Wir sprechen mit Experten, Betroffenen und den

00:00:45: Machern hinter den Kulissen. Folge 33. Die Klage. Strukturschwächen im

00:00:51: deutschen Rettungssystem. Warum wir dringend Reformen brauchen. Herzlich willkommen zu einem neuen

00:00:56: Podcast mit zwei ganz besonderen Gästen. Pierre-Eunice Steiger, dem Präsidenten der

00:01:02: Björn-Steiger-Stiftung und Professor Dr. Frank-Berich-Mont-Gomery.

00:01:08: Vielen Menschen bekannt als Chef der größten Ärzteorganisation, Organisator des längsten

00:01:15: Streichs und des erfolgreichsten Streikesthins, der Ärzteschaft mehr Möglichkeiten gegeben hat.

00:01:22: Ich lasse mal dabei. Und vor allen Dingen sehr geschätztes Mitglied im Präsidialrat der

00:01:26: Björn-Steiger-Stiftung. Ein absolut international ausgewiesener Experte in vielen, vielen Gremien,

00:01:33: in vielen Funktionen. Wir freuen uns sehr, dass er heute hier ist. Heute zu einem ganz

00:01:37: besonderen Anlass, denn es geht um eine Klage, die die Björn-Steiger-Stiftung anstrengt,

00:01:43: besser eine Verfassungsbeschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland und stellvertretend

00:01:49: für alle Bundesländer gegen das Land Baden-Württemberg. Und zwar soll das deutsche Rettungssystem

00:01:57: in seinem Auftrag gerecht werden in Zukunft. Das ist das Ziel dieser Klage. Was läuft falsch,

00:02:03: Herr Steiger im deutschen Rettungssystem?

00:02:06: Man kann das gar nicht auf einen Punkt bringen. Es ist einfach die gesamte Struktur. Wiederrettungsdienst

00:02:13: in Deutschland einfach aktuell aufgebaut ist und strukturiert ist. Wir haben 16 komplett

00:02:18: unterschiedliche Rettungsdienstgesetze mit vollkommen unterschiedlichen Hilfsfristenzeiten.

00:02:24: Die Variationen sind von Nordrhein-Westfalen, Inner-Orts von 8 Minuten bis Thüringen, Inner-Orts

00:02:30: 14 Minuten. Wo muss ich dann die Frage stellen muss, halten die in Thüringen länger durch

00:02:35: oder wo kommt das eigentlich her? Die Wahrheit ist, kein einziges Bundesland hat medizinische

00:02:42: Evidenzen hinterlegt, sondern sie gucken einfach immer nur was können sie möglicherweise

00:02:48: tatsächlich gewährleisten und danach orientiert sich der Rettungsdienst. Und da sagen wir,

00:02:53: das kann nicht sein, weil damit ist der Rettungsdienst einfach bundesweit dem Zufall überlassen,

00:02:59: wo sie eigentlich wohnen. Manchmal sogar noch urzeitsabhängig. Und in vielen Leitstellen

00:03:04: kommt es auch noch auf die Tagesform des Disponenten an. Da sind einfach zu viele Zufälligkeiten

00:03:09: dabei, die auch keinem internationalen Standard mehr gerecht werden. Also das heißt, darauf

00:03:15: drängen wir, dass wirklich qualitätsgesicherte und zwar dauerhaft qualitätsgesicherte Strukturen

00:03:22: jetzt aufgezogen werden, so wie es auch im internationalen Vergleich schon seit vielen,

00:03:28: vielen Jahren gegeben ist und das wird in Deutschland heraus endlich nicht mehr vom Ausland her

00:03:34: als Entwicklungsland in Sachen Rettungswesen tituliert werden. Und ergänzen möchte ich,

00:03:39: weil das ist ganz wichtig immer, das ist keine Kritik an den Rettungsdienst tätigen Personen,

00:03:45: das muss man ganz klar sagen. Die sind toll ausgebildet, die machen allen tollen Job,

00:03:49: aber der Rahmen in dem die sich bewegen, da sind sie selbst eigentlich opfer des Systems

00:03:55: genauso wie der Notfallpatient auch. Ja, das Spannende ist, darauf haben sie auch heute hier in

00:04:00: Berlin hingewiesen, der Stärke ist, dass unser Rettungswesen sowohl was die Ausbildung der

00:04:06: Fachkräfte angeht als auch die Ausstattung, die technische Ausstattung der Rettungswagen,

00:04:12: der Leitstellen sehr gut ist. Aber woran hat es denn wirklich? Es hakt daran, dass im Prinzip in

00:04:20: den meisten Bundesländern sogar schon fast jeder Landkreis seine eigene Struktur aufziehen kann.

00:04:26: Und das bedeutet, dass sie zum Teil schon Landkreis übergreifend gar nicht wirklich kooperieren

00:04:32: können oder Fahrzeuge austauschen und dergleichen. Da fehlt einfach die gesamte einheitliche

00:04:37: Struktur und wenn sie das dann auch noch über die Bundesländer machen, dann verliert der Notfallsanitäter

00:04:42: erstmal komplett erstmal seine Qualifikation, weil die Bundesländer gegenseitig die Qualifikation

00:04:48: oder die Ausbildung des Notfallsanitäters nicht gegenseitig anerkennen. Also das heißt,

00:04:52: wenn einer von Wiesbaden nach Mainz einmal über die Brücke fährt, dann ist er plötzlich

00:04:57: kein Notfallsanitäter mehr, dann ist er plötzlich nur noch Rettungssanitäter. Und das sind doch

00:05:01: untragbare Zustände, denn wir vergeuten hier Ressourcen an Mitarbeitern, die wir tatsächlich

00:05:08: doch in der Qualität schon ausgebildet haben und warum soll er die Qualität nur weil er die

00:05:13: Bundeslandsgrenze überschreitet, plötzlich nicht mehr haben. Und so gibt es ganz, ganz viele Punkte,

00:05:18: die einfach aufzeigen, wie krank dieses System geworden ist. Herr Professor Montgomery,

00:05:24: Sie waren nicht nur Vertreter der Ärzteschaft auf höchstem Niveau, Sie sind auch natürlich

00:05:31: selbst Arzt, Sie sind von Haus aus Radiologe, haben auch erfolgreich gewirkt als solcher in Hamburg.

00:05:38: Und wie ist Ihr Blick auf das geltende Rettungssystem? Ich kann Herrn Stolger nur in vielen Punkten

00:05:45: unterstützen. Wir haben so ein typisch deutsches Problem. Wir haben eigentlich die besten Möglichkeiten

00:05:51: fast auf der ganzen Welt, aber wir nutzen sie nicht, weil wir uns mit unseren Strukturen selbst

00:05:56: im Wege stehen. Wir haben toll ausgebildete Rettungssanitäter und Notfallsanitäter,

00:06:01: wir haben toll ausgebildete Ärzte, wir haben ein großes Problem in der Qualitätssicherung und in der

00:06:09: Gleichheit der Lebensumstände in den einzelnen Kommunen. Das handelt sich also im Grunde überhaupt

00:06:15: nicht um ein medizinisches Problem, sondern ausschließlich um ein strukturelles, systematisches

00:06:19: Problem. Und deswegen halte ich es für sehr richtig und sehr wichtig, dass wir versuchen, hier eine

00:06:26: einheitliche Struktur bundesweit herzustellen. Dafür ist nach meiner Meinung der Bund zuständig und

00:06:32: deswegen unterstützt die Ärzteschaft auch die Klage vor dem Bundesverfassunggericht um den Bund an

00:06:39: die Einhaltung seiner Schlichten zu erinnern. Wie wichtig das wird, das sieht man eigentlich aus

00:06:44: den Zeitäuschen im Moment, denn wir haben ja zwei, auch das Rettungssystem zunehmend bedrängende neue

00:06:50: Faktoren. Das eine ist durch die große Zuwanderung von Menschen in unserem Land, die ich jetzt überhaupt

00:06:56: nicht werten will, ist aber die Grenze zwischen dem echten stationären und Rettungswesen unter

00:07:03: dem ambulanten Bereich in Schwimmen gekommen. Und gleichzeitig bereiten wir uns ja aus der globalen

00:07:09: weltpolitischen Lage auch auf erhöhte Notwendigkeiten für Einsätze vor. Da müssen wir einfach eine

00:07:16: Struktur schaffen, wo nicht der Bürger, der Patient, der Verunfallte entscheidet, welches das

00:07:23: richtige Rettungsmittel ist, sondern wo durch qualitätsgesicherte, koordinierte, zusammengefasste

00:07:29: Leitstellen zusammen mit einer KI-Unterstützung eine kluge Entscheidung gefällt wird, wer wem wann

00:07:37: hilft. Dazu brauchen wir ein Bundesrahmen, dazu brauchen wir deswegen eine Verfassungslage.

00:07:44: Herr Stelger, Sie hatten mir mal ein sehr prägnantes Beispiel genannt, was passiert beim

00:07:51: plötzlichen Herzdot in den Leitstellen in Deutschland und was international passiert. Was unterscheidet

00:08:00: unsere Leitstellen bei Telefonreanimation von denen im EU-Durchschnitt?

00:08:06: Das ganz simple gesagt. Man muss festhalten, dass wir in Deutschland mehr Leitstellen haben,

00:08:12: als alle EU-Länder, inklusive Großbritannien, Schweiz und Norwegen, zusammen. Das heißt,

00:08:19: wir sind darauf spezialisiert, dass wir relativ viele kleinste Leitstellen haben, die zum Teil

00:08:25: dann im ländlichen Raum nächten, zum Teil mit nur einer Person, dann mit zwei Personen besetzt

00:08:31: sind. Jetzt muss man sich folgendes vorstellen. Wenn jetzt also ein Fall reinkommt von einem

00:08:36: plötzlichen Herzdot, ein Leih ist am Telefon und die Leitstelle muss ihn anleiten, wie eine

00:08:42: Reanimation tatsächlich funktioniert, dann bindet das den Leitstellendisponenten zeitlich

00:08:48: erst mal sehr, sehr lange. Selbst wenn die Reanimation nach 15 Minuten vielleicht dann

00:08:55: schon für den Lein abgeschlossen werden kann, weil der Rettungsdienst dann da ist und auch

00:08:59: übernimmt, dann braucht auch erst mal der Disponent für sich wieder erst mal einen Punkt zum

00:09:04: runterkommen. Also das heißt, der Mensch fällt mal eine Weile aus. Weil der ist natürlich auch

00:09:09: emotional gebunden. Das muss man auch jedem ja logischerweise zugestehen. Das lässt

00:09:13: ein Jahr nicht kalt in welcher Situation man da auch als erfahrener Leitstellendisponenten

00:09:18: steckt. Da brauchen sie einfach hinten raus, nochmal ein paar Minuten um abzuschalten. Wenn man das

00:09:23: jetzt in einer Einmalen Leitstelle tut oder auch in einer Zweimalen Leitstelle, bei der Einmalen

00:09:27: Leitstelle kämen dann in dieser Zeit gar keine Notrufe mehr durch. Also das heißt, man könnte

00:09:31: keinen weiteren Menschen entgegennehmen und selbst bei einer Zweimalen Leitstelle reicht es

00:09:36: möglicherweise auch nicht aus. Das ist der Grund, warum sich die Leitstellen dann entscheiden,

00:09:41: dass sie keine Telefonreanimation durchführen, weil sie ja sonst einfach blockiert sind. Mit

00:09:47: zur Folge, die Erhebung sagt, dass in Deutschland im letzten Jahr rund 35 Prozent aller Fälle in

00:09:56: denen es hätte eine Telefonanleitung hätte geben sollen, tatsächlich die telefonische

00:10:02: Reanimation durchgeführt würde. Dieser Wert ist in der gesamten EU bei 100 Prozent und nicht bei

00:10:11: 35 Prozent. Alle anderen Länder schütteln da den Kopf über Deutschland sagen, was macht ihr da?

00:10:16: Also jeder Wert unter 100 Prozent ist eigentlich inakzeptabel und da haben sie natürlich auch

00:10:22: recht und die anderen können das, weil sie eben in großen Verbundstrukturen unterwegs sind,

00:10:29: wo Leitstellen zum Teil landesweit disponieren können. Das heißt, sie sind alle in einem System,

00:10:35: sie haben alle geordnete Überläufe und die fehlen bei uns und das macht die Sache so dramatisch.

00:10:42: Und ich will Ihnen vielleicht noch mal sogar ein ganz anderes Beispiel auch nennen. Und zwar,

00:10:47: es gab ja jetzt leider diese Amokfahrt in Mannheim und da wird es dann auch nochmal ganz

00:10:53: offensichtlich. Dann die Leitstelle in Mannheim war in dem Moment in der, nur in der Lage,

00:10:58: 14 Notrufe abzuarbeiten. 76 Notrufe sind aber eingegangen in der Zeit und wurden vom System

00:11:07: automatisch abgewiesen und jetzt hatte das zur Folge, dass aufgrund, dass man nicht alle Notrufe

00:11:15: auf einmal mit erfasst hatte, die Leitstelle für sich den ersten Eindruck hatte, da liegt alle

00:11:20: 30 Meter ein Schwerverletzter. Was nicht der Fall war, das heißt, die Anzahl der Verletzten

00:11:27: war tatsächlich deutlich geringer. Hat er aber jetzt in dem Fall ganz konkret zur Folge, dass

00:11:31: Großalarm ausgelöst wurde. Jetzt wird in Baden-Württemberg, gibt es für solche Situationen keine

00:11:36: Vorhaltung mehr an Fahrzeugen, die besonders dazu in solchen Situationen dazu geordnet werden können.

00:11:43: Somit wurden von Heilbronn aus Rettungsfahrzeuge nach Mannheim dann geschickt. Und das ist weit.

00:11:49: Das ist weit, das sind die 30-40 Minuten Fahrtechnisch erst mal Minimum unterwegs,

00:11:55: vor allen Dingen zu der Uhrzeit, wo das Ganze dann auch noch passierte. Das heißt, dass auch diese

00:12:01: Fahrzeuge dann in Heilbronn stundenweise nicht zum Einsatz zur Verfügung standen. Wenn da jetzt

00:12:07: jemand mit einem Herzinfarkt oder sonstiges ein Thema hatte, dann fehlten da in dem Moment Fahrzeuge

00:12:13: in der Region Heilbronn, um dann bei der Ankunft in Mannheim auch festzustellen, wir werden eigentlich

00:12:19: gar nicht mehr benötigt. Und hätte es jetzt eine Situation gegeben, in dem sozusagen der

00:12:24: ganze Überlauf und den Leitstellen insgesamt in der Masse aufgenommen wird, dann hätte man

00:12:30: festgestellt, da sind ganz viele Notrufe, die sich doppeln und verdreifachen, wo die Leute zum

00:12:35: selben Patienten angerufen haben. Ich wollte fragen, wie verändert denn ein modernisiertes

00:12:40: Rettungsdienstsystem an der solche Notlage? Ja genau, indem einfach schneller mehr Informationen

00:12:48: da sind, es schneller ein Gesamtlagebild gegeben hatte und damit wäre dann auch klar gewesen,

00:12:55: so viele Rettungsfahrzeuge werden zum Glück tatsächlich dann gar nicht benötigt. Also man

00:13:00: hätte Heilbronn erst gar nicht alarmieren müssen. Das zeigt einfach nur die Unzulänglichkeiten in

00:13:06: diesem gesamten System. Sie haben ganz plastisch und gut den dramatischen Fall auch geschüttelt. Es

00:13:12: gibt ja aber eine ganz banale Größe. Wir wissen ja inzwischen, dass in manchen Kommunen 60% der

00:13:19: Rettungseinsätze zum Beispiel nicht zu einer stationären Aufnahme eines Patienten führen. Das

00:13:23: schwankt zwischen 60% in manchen Kommunen und 40% in anderen. Das sind zum Teil echte Fehl-Einsätze.

00:13:30: Auch die könnte man durch eine Zusammenlegung zum Beispiel des Rettungsdienstes, der ja aus dem

00:13:35: Katastrophenschutz kommt und des Notfallversorgungsdienstes, des niedergelassenen Bereichs und der

00:13:42: Krankenmutter, wenn man das zusammenlegt, also platt gesagt 112 und 16, 117 zusammenlegt,

00:13:48: kann man hier nicht nur eine bessere Struktur schaffen, man kann auch viel Geld sparen.

00:13:52: Also Professor Mannkamp, es ist so, die Menschen werden eben Rettungswagen dahin gefahren in die

00:13:59: Notaufnahme, aber werden gar nicht... Das Steiger hat immer das wunderbare Beiführte,

00:14:03: hat sich einen Splitter in den Fuß oder in die Hand gerammt und fährt mit dem Rettungswagen

00:14:07: ins Krankenhaus. Der muss natürlich nicht mit dem Rettungsmittel dort hingebracht werden. Bei

00:14:11: einer vernünftigen Disposition mit KI-Unterstützung hätte man das auf eine andere Art und Weise

00:14:17: lösen können und hätte die immerhin in manchen Kommunen 1200 Euro für den Rettungswagen-Einsatz

00:14:22: sparen können. Aber er muss dort hingebracht werden, damit er... Der Splitter muss ja aus dem...

00:14:26: muss aus der Hand raus. Ja, und es muss abgerechnet werden, das ist der zweite Punkt. Genau, also das heißt,

00:14:32: das ist eigentlich das totale Dilemma, denn der Rettungsdienst ist nicht Bestandteil der

00:14:37: Gesundheitsversorgung, sondern der Rettungsdienst zählt zur nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr.

00:14:42: Das bedeutet auch, dass der Spreißel abrechnungstechnisch genauso behandelt wird wie ein schwere

00:14:48: Motorradunfall, wo der Motorradfahrer ums Überleben kämpft mit multiplen Verletzungen. Das ist

00:14:54: kostenmäßig genau dasselbe, weil eben nur der reine Transport abgerechnet wird. In allen

00:15:01: Bundesländern, da ist Baden-Württemberg tatsächlich mal im Vorlauf, denn da wird mittlerweile

00:15:06: einfach abgerechnet, egal ob der Patient transportiert wird oder nicht. Also das heißt,

00:15:11: in Baden-Württemberg, in dem Fall ist es tatsächlich mal kein Fehl-Einsatz, der wird auch

00:15:16: berücksichtigt. In allen anderen Bundesländern ist das ein Fehl-Einsatz und kann nicht abgerechnet

00:15:21: werden. Und deshalb fahren eben viele Rettungsdienste alle Bagatellfälle ins Krankenhaus, damit sie

00:15:26: abrechnen können. Herr Professor Montgomery, jetzt haben Sie nicht nur eine sehr große Kenntnis von dem

00:15:34: deutschen Rettungswesen, der deutschen Medizin als solchen, sondern auch natürlich als langen

00:15:40: Herr Chef des Weltärzteverbandes über internationale Strukturen. Jetzt denken wir,

00:15:45: das auch so, da ging es auch so immer, Mensch, wir in Deutschland sind doch so weit vorn in vielen

00:15:50: Dingen auch, so wie unser Gesundheitssystem sowieso. Und eigentlich mit tatsächlich der Tätigkeit hier

00:15:57: für die Bernsteiger Stiftung und auch dem Austausch mit verschiedenen Ärzten auch im

00:16:02: Ausland in diesem Zusammenhang, einem habe ich gesprochen, einem Arzt in Spanien, die mir dann

00:16:07: beibringen, wir sind in Spanien viel weiter, was Digitalisierung angeht, man spricht mit anderen

00:16:12: Medizinern aus Europa, das ist eben so. Wie ist Ihr Blick auf das deutsche Gesundheitswesen,

00:16:18: wie sich momentan steht, im internationalen Vergleich? Also ich bin der festen Überzeugung,

00:16:24: wir haben eines der besten, wenn ich sogar der besten Gesundheitssystem in der Welt,

00:16:28: alles zusammengenommen. Damit sie mich nicht falsch verstehen, das heißt natürlich,

00:16:33: man muss trotzdem immer noch wieder in vielen Bereichen versuchen, noch besser zu werden. Denn

00:16:37: aus der Qualitätssicherung wissen wir, wer sich zufrieden zurücklehnt und sagt, ich habe das beste

00:16:42: System, der hört auf, besser zu werden und der ist dann ganz schnell schlecht. Übrigens

00:16:47: interessanterweise haben die meisten Kritiker unseres Gesundheitssystems eine Reiserückholversicherung

00:16:51: in der Tasche, damit sie, wenn sie im Ausland krank werden, schnell in Deutschland behandelt

00:16:55: werden können, das nur als Bormo am Rande. Aber wenn wir es jetzt mal wieder auf den

00:17:00: Rettungsdienst fokussieren, nicht auf das gesamte Gesundheitssystem, dann haben wir in Deutschland

00:17:05: in der Tat viele Möglichkeiten, die wir nicht nutzen. Wir haben inzwischen fantastische Ausbildungs-

00:17:11: bedingungen, sowohl für Sanitäter, wie aber auch für Ärzte. Wir haben die Curricula festgelegt

00:17:17: und wir scheitern dann an administrativen Grenzen, die durch politische Strukturen vorgegeben sind

00:17:24: und die muss man ändern. Dennoch, wir haben eine Pflicht, immer besser zu werden. Trotzdem haben

00:17:33: wir ein ganz gutes Gesundheitssystem, dass sie nicht das als ein

00:17:35: Widerspruch sehen. Und ich begrüße es sehr, dass wir die einzelnen Aspekte oder die einzelnen

00:17:41: juristischen Ebenen unserer Staates hier an über Pflichten erinnern. Denken Sie mal daran,

00:17:45: in der Krankenhausreform gibt es eine Gesundheitsgesetzgebung des Bundes. Im sogenannten Sozialgesetzbuch

00:17:52: V werden die Dinge der Niedergelastung versorgen und der Krankenkassen geregelt. Nur beim Rettungsdienst

00:17:58: erhält sich der Bund Edel zurück und macht keine Rahmenrichte in der Sohre natürlich nicht von

00:18:03: Berlin aus den Einsatz in Garmisch-Partenkirchen koordinieren. Aber er muss den Rahmen vorgeben,

00:18:07: damit in Garmisch-Partenkirchen nach den selben Kriterien disporiert und gehandelt wird,

00:18:12: wie sie auch in Neukölln hier in Berlin gelten. Und da ist er in der Pflicht und daran erinnern.

00:18:17: Und manchmal ist der räumliche Abstand ja gar nicht so groß von Garmisch bis nach Neukölln,

00:18:23: sondern elektronisch ist er klein. Elektronisch ist er klein und es gibt ja mindestens 200

00:18:29: unterschiedlich organisierte Rettungsdienstbezirke mit entsprechenden Beispielen, dass der eine

00:18:34: Rettungsdienstbezirk eine völlig andere Regelung hat als der Nachbarrettungsdienstbezirker Steiger.

00:18:39: Ja, das geht schon damit los, dass jeder Bezirk für sich selber festlegt, welche Medikationen

00:18:44: er überhaupt auf Fahrzeuge mitnimmt. Das bedeutet, dass wir in einigen Teilen der Republik Medikamente

00:18:50: als Beispiel für Lungenbolipatienten werden vorgehalten, in anderen Bereichen werden sie nicht

00:18:55: vorgehalten. Und das ist natürlich bei einer, Sie sind der Mediziner, Sie wissen, was das

00:19:00: dann bedeutet, wenn jemand mit Lungenbolie nicht direkt medikamentös behandelt werden

00:19:07: kann. Und da berichten einfach immer wieder Notärzte in ihrer völligen Verzweiflung, dass sie sagen,

00:19:13: uns stirbt der Patient auf dem Transport ins Klinikum weg, weil wir das Medikament bei uns

00:19:19: nicht haben. Und nur weil irgendjemand es mal festgelegt hat, dass das in diesem Rettungsdienst

00:19:24: bezirk keine Relevanz hätte. Und das kann es nicht sein.

00:19:29: Nun scheuen wir ja keine Investitionen und wenn der Podcast öffentlicht wird, dann ist

00:19:35: vielleicht Geld auch dafür. Vieles, wo vor drei Wochen noch Schwarze Wolken waren. Aber

00:19:42: es gibt jetzt ja schon Beispiel, wie massiv in die Infrastruktur auch bei Leitstellen

00:19:48: investiert wird. Ein Beispiel, Herr Steiger, haben Sie genannt, eine Leitstelle in Bayern,

00:19:54: die für 47 Millionen Euro neu errichtet wird. Aber dennoch gibt es Fragen bei der Integration

00:19:59: dieser Leitstelle, denn Technik und Geld alleine machen das auch nicht aus, oder?

00:20:04: Nein, also man macht sich ja im Ausland über uns eigentlich lustig und sagt immer, die

00:20:07: Deutschen müssen so viel Geld haben, weil im Ausland baut kein Mensch mehr in diesen

00:20:11: Größenordnung Leitstellen, sondern die sind mittlerweile in Mitbüros, nämlich in Österreich.

00:20:16: Die haben in weiten Teilen ihre Leitstellen, Disponenten, zu 90 Prozent ins Homeoffice

00:20:21: geschickt. Und zwar auch mit der Begründung, da ist die Ausfallredundanz viel höher, weil

00:20:26: jeder zu Hause hat einen anderen Netzknotenpunkt, hat einen anderen Netzbetreiber, da fackeln

00:20:31: die Leitungen nicht so schnell ab und zwar muss anders zu sagen, sind mittlerweile mehr

00:20:35: als 60 Länder der Welt, die ihre gesamte Leitstelle über eine Cloud organisieren, das heißt,

00:20:41: der Notruf hängt in der Cloud, die Systemabfragen laufen alle über die Cloud und damit haben

00:20:47: sie eine unglaublich hohe Ausfallredundanz und Sicherheit, auf die man bei uns halt verzichtet.

00:20:54: Bei uns ist es immer noch klassisch, wie vor 50 Jahren, da kommt der Einsatz Leitrechner

00:20:58: ins Leitstellengebäude, wird als hochsicherheitsmäßig abgeschottet wie auch immer und dann kommen

00:21:04: eben so Bauten für 47 Millionen, bei uns in der Umgebung wird gerade für 30 Millionen

00:21:10: neue Leitstelle gebaut. Ich höre dann immer aus dem Ausland, ihr habt zu viel Geld, das

00:21:14: gibt kein Mensch mehr sonst außerhalb in Deutschland aus und das sieht man einfach,

00:21:19: man muss das ganze System neu denken. Und jetzt möchte ich auch nochmal betonen, die

00:21:24: sind ja zum Teil Länderübergreifend in ihren Systemen sogar verbunden. Also Österreich

00:21:29: kann mit Tschechien und der Slowakei über die Landesgrenzen hinweg disponieren. Sie

00:21:35: können auch Notrufe direkt schon wegen der Sprache hin und her schieben, wie sie sozusagen

00:21:39: lustig sind. Und das geht, weil sie halt alle mit derselben Systematik arbeiten. Oder ich

00:21:45: möchte noch kurz erwähnen, wir hatten hier mal 2019 ein Kongress in Berlin für die Politik

00:21:49: gemacht, da hatten wir einen Leitstellendisponenten aus Norwegen da, der dann gemeint hat, sie

00:21:53: müssen hier endlich in Deutschland verstehen, der Herz entfragt in Norwegen ist genau dasselbe

00:21:58: wie in Südafrika. Und die Systeme mit Südafrika und Norwegen sind alle dieselben und die

00:22:03: Systeme lernen voneinander. Und das übrigens das ganz entscheidende Punkt. In Deutschland

00:22:09: sind wir nicht gewöhnt, dass wir Qualitätsmanagement in den Leitstellen tatsächlich haben. Die meisten

00:22:15: Leitstellen haben dafür noch nicht mal irgendwie eine halbe Stelle bisher geschaffen. Und wer

00:22:20: bei diesen internationalen Standards mitmachen will, muss 25 Prozent seines Leitstellenpersonals

00:22:26: in der Qualitätssicherung haben. Das ist verpflichtend für dieses System. Weil jeder

00:22:32: Notruf wird komplett erfasst und zwar nicht nur was der gesagt hat, sondern was haben

00:22:37: die Einsatzkräfte vor Ort vorgefunden, um abzugleichen, wie muss die Abfrage optimiert

00:22:44: werden, um tatsächlich das vorgefundene besser abbilden zu können. Und es wird dann bis

00:22:49: hin eingepflegt in die Systeme, wie kam der Patient ins Krankenhaus und wie hat er die

00:22:54: Klinik aber auch wieder verlassen. Und wenn Sie all diese Informationen da in diese Systeme

00:22:59: mit eintragen, dann kommen Sie natürlich auf grandiose Ergebnisse. Also ich sage nur

00:23:04: ein Beispiel über dieses Systematikprobde, ja auch dann die Problematik auf mit. Frauen

00:23:09: haben völlig andere Symptome beim Herzinfarkt als Männer. Das war lange Zeit überhaupt

00:23:13: nicht bekannt. Über solche Systeme wird es plötzlich bekannt.

00:23:17: Ein neuer Punkt in der Politik, den viele erfolgreiche oder in Wahlen erfolgreiche

00:23:23: Politiker machen, ist der sogenannte Common Sense. Also auf Deutsch der gesunde Menschenverstand,

00:23:29: nachdem man sich eigentlich richten möchte. Wenn ich dem zuhöre, was der Steiger sagt

00:23:33: und was auch Common Knowledge ist, also allgemeines Wissen mittlerweile, dann denke ich, denken

00:23:39: sich viele, glaube ich, auch in solchen Momenten, Mensch, wenn es so klar ist und wenn es so

00:23:44: evident ist, dass wir hier eigentlich was tun müssten, warum geschieht es nicht? Haben

00:23:49: Sie aus der Kenntnis von Strukturen abläufen eine Vermutung, warum das so ist?

00:23:55: Ein ganz großes Problem in diesem Fall, was uns politisch an anderen Stellen durchaus

00:23:59: nutzt, was hier problematisch ist, das ist der Federalismus. Das ist die Tatsache, dass

00:24:05: eben auch in einem parteipolitisch organisierten Gemeinwesenstaat Länder sich dann aufgrund

00:24:13: unterschiedlicher Färbung ihrer Regierungen zum Teil sehr unterschiedlich zu Common Sense-Fragen

00:24:19: stellen. Und das macht uns ein großes Problem in der Bundesrepublik. Deswegen glaube ich,

00:24:25: dass hier mehr Kompetenz vom Bund gefordert wird und dass wir versuchen, wir auch gerade

00:24:29: einzuklagen. Und das Zweite ist, wir haben in Deutschland einen Erfolgsfaktor. Das sind

00:24:36: die kassensee Vereinigungen und die Erzikammern, die helfen, die Organisation vor Ort zu machen,

00:24:41: übrigens nicht in diesem Bereich, hier sind wir gar nicht gefragt, hier sind wir als

00:24:46: Erzikammern freiwillig tätig. Aber dieser Corporatismus führt dazu, dass jedes Problem

00:24:53: nicht nur auf einer föderalen Ebene, dann auf einer kommunalen Ebene und dann auch noch

00:24:57: auf einer koparatistischen Ebene diskutiert werden muss. Und da sind wir deutsche Weltmeister

00:25:02: darin, uns selber im Wege zu stehen, statt Common Sense-Bewalten zu lassen. Zumindest

00:25:09: Common Sense ist auch etwas, ich bin ja von Hause aus Engländer, wenn ich das mal so

00:25:13: sagen darf. Ja, ja, wenn ich das mal so von sagen darf, Common Sense ist eben leider

00:25:19: nicht überall gleich kommen. Das erleben wir ja gerade und wir haben, und das ist ja

00:25:25: gut so, dass wir in einer demokratisch- sporalistischen Gesellschaft durchaus auch die andere Meinung

00:25:30: zulasten, solange sie bestimmte Rahmen nicht überschreitet. Und deswegen ist es so irre

00:25:35: schwer, das, was man wissenschaftlich oder fachlich technisch vorgibt, dann auch eins

00:25:42: zu eins umzusetzen. Und ganz am Ende steht natürlich auch noch die Frage des Geldes.

00:25:47: Wir sind in einem hoch technisierten, hoch kostenintensiven Bereich tätig. Wir geben

00:25:52: im Gesundheitswesen der Bundesrepublik irgendwo zwischen 300 und 500 Milliarden Euro im Jahr

00:25:58: aus, je nachdem wie viel sie da zurechnen, auch noch an Wellness, an anderen Dingen.

00:26:02: Und da sind natürlich Begehrlichkeiten zu berücksichtigen. Das kann aber letztlich

00:26:07: entscheidend nur auf einer Bundesebene geändert werden. Keterum Känseho, wir müssen deswegen

00:26:14: eine Bundesgesetzgebung haben, die das vernünftig macht. Sie sprechen es mit K, andere mit

00:26:18: C, Keterum Känseho. Christianium haben wir die K-Variante des Lateinischen.

00:26:25: Nicht das Johannium, das hat wahrscheinlich die C-Variante als Konkurrenzschule innerstädtisch.

00:26:31: Das Christianium, weil wir das nicht wissen, weil wir das ein bisschen feiner gelegen,

00:26:35: ich glaube in Ottmarschen. In Ottmarschen. Und es stand ja ursprünglich auch in der

00:26:40: dänischen Variante, dass wir sind viel weltgewandert. Das andere war nur in Appen draus.

00:26:45: Nur in Winterhude. Aber eine humanistische Bildung, ich glaube sogar auch mit Griechisch,

00:26:53: oder? Ja, ich könnte Ihnen noch den Anfang der Ode C. Den Klinik haben, ich kann mich

00:26:56: noch noch 60 Jahren. Aber das hört jetzt hier aus, das habe ich nicht.

00:27:01: Lassen wir uns einen Blick richten, wenn wir schon das Glück haben, Sie heute hier zu

00:27:04: haben auf die Lage der Kliniken in Deutschland. Also ganz persönlich, man soll ja nicht mit

00:27:11: solchen Sachen kommen, aber trotzdem habe ich da einen Fall. Ligt jemand im Krankenhaus

00:27:16: gerade? Es gibt zwei Ärzte, die da vorbeikommen, ständig sind beide Syrer. Ist jetzt auch

00:27:22: kein Klischee, sondern es ist wirklich so, die Pflegerinnen, die da sind, die Krankenschwestern

00:27:27: kommen alle aus der Ukraine. Und nachts ist eine Schwester da, für, glaube ich, 30, die

00:27:33: da liegen. Ist eine Klinik in Norddeutschland und so ist es ja in vielen, vielen Bereichen.

00:27:38: Also wir haben immer noch einen hohen Nummerausklausis bei Medizin. Wir haben viele Menschen, die

00:27:43: Mediziner werden wollen. Wir haben aber trotzdem diese unglaubliche Lücke in den Krankenhäusern.

00:27:49: Wenn Sie da mal reingehen, sprechen mit den Ärzten, sagen in alle Ärzte, wir sind ja

00:27:53: am Anschlag. Und man fragt sie auch, das hören wir auch nicht erst seit ein, zwei Jahren,

00:27:58: sondern schon seit vielen. Und es scheint so zu sein, obwohl das System halt sehr, sehr

00:28:03: gut ist, was die Leistung angeht im internationalen Vergleich, dass dieses Problem auch nicht gelöst

00:28:10: wird. Woran liegt das?

00:28:12: Sie haben jetzt ganz viele Dinge angesprochen. Ich würde sagen, suchen Sie nacheinander abzuarbeiten.

00:28:17: Fangen wir mit dem Einfachsten an. Der Syrer und die Ukraine sind uns sehr willkommen. Es

00:28:22: gibt Länder außerhalb Deutschlands, außerhalb Europas, die bilden Ärzte hervorragend aus.

00:28:27: Und Syrien ist immer so ein Land gewesen. Wir haben ein bisschen ein Problem zu prüfen,

00:28:32: weil die Ausbildungsunterlagen alle so sind, wie wir sie gerne hätten. Aber das ist ein

00:28:36: technisches Problem.

00:28:37: Wo das nicht so ist, macht das natürlich Schlachtzahlen.

00:28:39: Macht das so fort Schlachtzahlen und verdeckt, dass wir eine große Anzahl haben, glaube ich,

00:28:44: und das jetzt nachgeguckt, haben über 5000 syrische Ärzte in Deutschland, die bei uns

00:28:48: arbeiten. Und die inzwischen unverzichtbar sind für unser Gesundheitssystem. Wir haben

00:28:53: zweitens auf der Weltebene gleichzeitig Kriterien festgelegt, dass wir nicht aktiv aus Ländern

00:29:00: die dringend selber Ärzte brauchen, die Ärzte abwerben in die reichen Staaten. Die Amerikaner,

00:29:06: die Briten, die Südafrikaner, die Neuseel, die Natur und das ganz ungeniert, dort sind

00:29:10: zwischen einem Drittel und der Hälfte der Ärzte, kommen in ihrer Ausbildung aus Volkswirtschaften,

00:29:16: die es viel schwerer hatten, diese Ausbildung zu finanzieren, gehen dann mit ihren gesamten

00:29:20: Ausbildungskosten dahin. Das ist schlecht. Bei den Syrien, die flüchten ja vor dem Krieg

00:29:26: und das die hier bei uns sind und gut qualifiziert arbeiten, das ist gut. Wir haben in Deutschland

00:29:32: dann mit den, komme ich zum zweiten Punkt, sicherlich eine sehr komplizierte Krankenhausstruktur.

00:29:37: Wieder Föderalismus, wieder Kleinstadterrei. Früher haben wir immer lachend gesagt, jeder

00:29:44: Kommune braucht ihr eigenes Krankenhaus, egal wie groß sie ist. Wir haben in Deutschland

00:29:48: deswegen etwas unter 2000 Krankenhäuser in völlig unterschiedlichen Stufen von den

00:29:55: Unikliniken über die Maximalversorgung bis hin zu kleineren in ihrer regionalen Struktur

00:30:02: durchaus wichtigen Krankenhäuser. Alle leiden unter einem Personalmangel. Andere Länder

00:30:08: haben es uns vorgemacht, zum Beispiel den im Markt. Die haben ohne Rücksicht auf die

00:30:12: vorhandenen Krankenhäuser einen bestimmten sinnvoll ausgewählten Standpunkt, ein Maximalversorger

00:30:18: Krankenhäuser gebaut, ohne überhaupt erst mal das Personal zu haben.

00:30:21: Was muss man sich darunter vorstellen Maximalversorgung?

00:30:23: Maximalversorgungskrankenhaus hat nicht nur die klassische Konstellation von Inner-Rchaeologie

00:30:29: und Gönn, sondern auch noch Intensivstationen, hat zum Verleichter, wo es nötig ist, auch

00:30:35: eine Neurochie, Neurologie, Psychiatrie, all diese anderen Dinge. Also ein Großkrankenhaus,

00:30:40: so wie ich das übrigens aus der städtischen Struktur Hamburgs natürlich leicht kenne.

00:30:43: So die baut man an bestimmte Stellen und dann bietet man all den Menschen, die heute in

00:30:48: den anderen Krankenhäusern die Chance in diesen Krankenhäusern zu arbeiten. Dann setzen wir

00:30:52: die Arbeitskraft dieser Menschen sehr viel besser ein. Wir müssen aber der Bevölkerung

00:30:56: klar vermitteln. Dann gibt es nicht mehr das Krankenhaus, was sie mit dem Rollat durch

00:31:01: Fußläufig erreichen können, sondern dann müssen sie auch bestimmte Entfernung und

00:31:05: Kaufleben um nachher hinzukommen. Etwas über das, was jemand aus Schweden oder anderen

00:31:10: Ländern mit Fläche rüber der Lachen würde. Das müssen wir der Bevölkerung klar machen.

00:31:16: Dann bekennen wir eine andere Struktur mit weniger Krankenhäusern. Dort sollten dieselben

00:31:21: Menschen arbeiten, aber sie würden viel effizienter und effektiver arbeiten. Und wir hätten am

00:31:26: Ende einen großen Gewinn. Ob das dann gleich billiger wird, das weiß ich gar nicht. Das

00:31:30: ist jetzt zur Frage zweiter Art im Moment für mich. Aber es wäre strukturell sicherlich

00:31:34: besser. Ein bisschen der Ansätze davon gab es in der Krankenhausreform, die jetzt ja

00:31:39: auch nur parzell so durchgekommen ist. Aber wir müssen sehen, dass wir diese Grundgedanken,

00:31:45: ohne die jetzt jeden einzelnen Gedanken davon richtig zu finden, aber die Grundgedanken

00:31:48: davon sind richtig. Wir brauchen eine Krankenhausreform in der nächsten Legislaturperiode.

00:31:54: Abschließend hoffen Sie darauf, dass Deutschland sich modernisiert, dass wir die Kraft haben,

00:31:59: dass wir es schaffen?

00:32:00: Die Hoffnung stirbt immer zuletzt. Wobei mein Vater hat immer gesagt, am Ende stirbt sie

00:32:05: doch. Nein, nein, nein. Also zum einen ist ja unsere gesamte Schichte der Stiftung ja

00:32:14: auch immer darauf ausgelegt, immer wieder die Modernisierung nach vorne zu treiben.

00:32:19: Wir haben das ja in den letzten 55 Jahren auf vielen Ebenen auch immer wieder gezeigt.

00:32:23: Und wir werden natürlich nicht nachlassen. Und diese Verfassungsbeschwerde, die wir ja

00:32:28: jetzt hier am Laufen haben, die zielt ja auch genau da hin. Also das heißt, unser Ziel ist

00:32:33: ja jetzt eigentlich nicht jemand an den Pranger zu stellen, sondern unser Ziel ist ja, dass

00:32:37: wir ein vernünftiges System bekommen. Und das eben vor allen Dingen, wenn wir es politisch

00:32:43: nicht hinbekommen, dass wir es dann eben halt über die Gerichte hinbekommen. Also das heißt,

00:32:47: wir haben schon stark, nicht nur die Hoffnung, sondern auch die Zuversicht, dass die Gerichte

00:32:53: unserer Argumentationslinie rein auch aus Blickwinkel der Verfassung, weil was anderes

00:32:58: können sie ja nicht tun, dass sie das aber tatsächlich auch so sehen und dementsprechend

00:33:03: die Entscheidung treffen, der Bund muss die Leitplanken vorgeben und es muss bundeseinheitlich

00:33:08: gleiche Qualität für gleiche Leistung sein und dass wir rauskommen aus dieser Zufälligkeit.

00:33:14: Also deshalb, es ist sogar eher die Zuversicht, dass wir das erreichen, wie lange das am

00:33:20: Ende brauchen wird. Das steht, glaube ich, noch in den Sternen. Denn wie gesagt, man weiß

00:33:25: noch nicht mal, wie lange so ein Verfahren jetzt in dem Fall in Karlsruhe für uns dann

00:33:29: dauert. Da gehen die Meinungen von ein bis vier oder fünf Jahren sozusagen interessant

00:33:35: bei der Auseinander. Deshalb lassen wir uns jetzt mal überraschen, wo uns dann die Reise

00:33:39: hinführen wird. Professor Montgomery Engländer, sind ja eigentlich Optimisten. Teilen Sie

00:33:45: den Optimismus was das? Ich bin in der Grundstruktur ein hoffnungslos optimistischer Mensch, aber

00:33:52: ich mache mir deutlich größere Sorgen. Ich gucke jetzt nicht nur auf das Thema, was wir

00:33:56: hier heute behandeln, sondern grundsätzlich glaube ich, viele Handeln, der in der Politik

00:34:01: haben den Schuss der Bevölkerung noch nicht gehört. Und wenn ich jetzt gerade auch wieder

00:34:05: die Koalition sah und als Außenstehender fröhlicher Rentner mit optimistischer Grundstruktur betrachte,

00:34:12: dann sage ich, wir haben noch nicht begriffen, welche Änderungen es in diesem Land braucht,

00:34:18: um auch zu verhindern, dass Strömungen, die eigentlich nur aus den Fehlern der anderen

00:34:23: profitieren, weiter Zulauf bekommen. Und ich mache mir sehr große Sorgen um die nächste

00:34:29: Zeit. Alleine mit Geld können Sie das Problem nicht zukleistern. Sie brauchen strukturelle

00:34:34: Reformen, die kriegen Sie aber neu hin, wenn Sie die Menschen davon überzeugen, dass

00:34:38: die Reformen notwendig sind. Solange jeder glaubt, alles könne so weitergehen wie es

00:34:42: ist, wird das nichts. Und deswegen bin ich für trotz Grundstimmung Optimiste ein wenig

00:34:50: pessimistisch, was die Zukunft angeht. Wir nehmen Ihre Worte als Ansporn, noch weiter

00:34:54: in die Zukunft zu wirken und danken Ihnen sehr viel. Wir kommen Herr Steiger, Professor

00:34:59: Montgomery, herzlichen Dank für dieses wunderbare Gespräch. Ich danke. Wir danken.

00:35:03: Die Björn Steiger Stiftung. Der Podcast.

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