Zwischen Lebensrettung und Gewalt: ein Tag bei der Berliner Feuerwehr
Shownotes
In dieser Folge des Podcasts der Björn-Steiger-Stiftung geht es in die größte Stadt Deutschlands – nach Berlin – und zu einer der ältesten und zugleich modernsten Berufsfeuerwehren der Welt. Béla Anda spricht mit Jessica Lotze, Oberärztin bei der Berliner Feuerwehr, und Vinzenz Kasch, Pressesprecher der Berliner Feuerwehr, über Alltag und Ausnahmezustände, über Lebensrettung, Belastung, Technik und die besonderen Herausforderungen im Einsatzgebiet Berlin.
Themen der Folge:
Die Dimensionen der Berliner Feuerwehr: über 5.500 Berufsfeuerwehrleute, 1.600 Freiwillige, 35 Wachen und rund 2.300 Einsätze am Tag.
Zusammenarbeit von Berufs- und Freiwilliger Feuerwehr: warum Berlin beide dringend braucht.
Großlagen wie Stürme oder Unwetter: wie die Feuerwehr in den Ausnahmezustand geht.
Der Rettungsdienst im Dauerstress: Frequent User, Priorisierung von Notrufen und neue Notfallkategorien.
Badeunfälle und Nichtschwimmer: warum Prävention so wichtig ist.
Gewalt gegen Einsatzkräfte: Erfahrungen in Silvesternächten und im Alltag, sowie Präventionsprojekte in den Kiezen.
Persönliche Einblicke: Wie Notärztin Jessica Lotze mit belastenden Einsätzen umgeht.
Frauen bei der Feuerwehr: Chancen, Anforderungen und der erste Hauptstadtretterinnen-Tag.
Technik und Innovation: Drohnen, digitale Einsatzdokumentation und mögliche Exoskelette.
Geschichte: Von der geteilten Stadt mit zwei Feuerwehren bis zur geeinten Berliner Feuerwehr heute.
Erwartungen an die Bevölkerung: Was jeder beitragen kann, um Einsätze zu erleichtern – von Resilienz bis Rücksichtnahme.
Transkript anzeigen
00:00:00: Die Björn-Steiger-Stiftung.
00:00:02: Der Podcast.
00:00:04: Mai 1969.
00:00:06: Auf dem Rückweg vom Schwimmbad wird der 8-jährige Björn-Steiger
00:00:09: von einem Auto erfasst und dabei schwer verletzt.
00:00:12: Es dauert fast eine Stunde, bis endlich ein Rettungswagen eintrifft.
00:00:16: Björn-Steiger stirbt.
00:00:18: Nicht an seinen Verletzungen, sondern an den Folgen eines Schocks.
00:00:22: Die Eltern Ute und Siegfried Steiger gründen erst einen gemeinnützigen Verein.
00:00:26: Später entsteht daraus die Björn-Steiger-Stiftung.
00:00:29: Durch ihr unerlässliches Engagement wurden bis heute
00:00:32: Millionen Menschenleben gerettet und vergleichbare Schicksalsschläge vermieden.
00:00:36: In diesem Podcast geht es um die Arbeit der Björn-Steiger-Stiftung
00:00:40: und die Bedeutung einer funktionierenden Notfallhilfe.
00:00:43: Wir sprechen mit Experten, Betroffenen und den Machern hinter den Kulissen.
00:00:47: Folge 55.
00:00:49: Zwischen Lebensrettung und Gewalt.
00:00:51: Ein Tag bei der Berliner Feuerwehr.
00:00:53: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Podcasts
00:00:57: der Berliner Lebensretter der Björn-Steiger-Stiftung.
00:01:00: Heute senden wir aus Berlin der größten Stadt Deutschlands
00:01:03: und dem wohl intensivsten Einsatzgebiet der größten Feuerwehr in unserem Land.
00:01:09: Die Berliner Feuerwehr wurde im Jahr 1851 gegründet.
00:01:14: Sie ist damit nicht richtig rechner, 174 Jahre alt
00:01:18: und somit die älteste Berufsfeuerwehr Deutschlands.
00:01:22: Sie hat rund 5.500 Feuerwehrleute, Männer und Frauen
00:01:26: in 35 Berufsfeuerwachen im Einsatz.
00:01:30: Und sie werden unterstützt und verstärkt von rund 1.600 Einsatzkräften
00:01:35: der freiwilligen Feuerwehr,
00:01:38: die ja gerade im ländlichen Raum immer wichtiger wird.
00:01:42: Also 59 gibt es, Tag und Nacht sind sie im Einsatz.
00:01:45: Und ich freue mich besonders, dass wir heute sprechen
00:01:48: mit dem Jessica Lotze und mit dem sehr, sehr gefragten Pressesprecher
00:01:52: der Berliner Feuerwehr, Vincent Kasch
00:01:55: und über den besonderen Alltag,
00:01:58: den Alltag manchmal im Ausnahmezustand.
00:02:01: Und die Frage, wie organisiert man Tausende Einsätze pro Tag
00:02:05: oder viele, viele Arbeiten pro Tag
00:02:07: und was bleibt, wenn die Sirenen bestimmen?
00:02:10: Was macht Berlin aus Sicht der Feuerwehr so besonders so einzigartig?
00:02:15: Also erstmal vielen Dank für die Einladung natürlich.
00:02:18: Sehr gerne.
00:02:19: Berlin ist eine riesige Stadt, wie Sie schon gesagt hatten,
00:02:22: die größte Deutschlands, damit natürlich auch sehr viele Einwohner,
00:02:26: eine wachsende Einwohnerzahl und damit natürlich auch wachsende
00:02:30: Einsatzzahlen für die Feuerwehr, insbesondere im Rettungsdienst
00:02:34: und dadurch, dass wir so eine multikulturelle Stadt haben,
00:02:38: eine Stadt haben mit dem Regierungsviertel, mit den Botschaften,
00:02:42: mit riesigen Veranstaltungen.
00:02:45: Sind wir in allem, was die Feuerwehr zu bieten hat im Einsatz?
00:02:50: Wer in Berlin lebt oder mal gelebt hat, der weiß oder merkt schnell,
00:02:55: Berlin ist ja eine Ansammlung aus sehr starken Stadtteilen,
00:02:59: Stadtteil geprägt, zum Teil auch aus Doppelstadtteilen in der Struktur.
00:03:03: Das kam nach der Wende, also sowas wie Treptoköpenik,
00:03:07: Schalottenburg, Schöneberg und welche Strukturen und Einheiten braucht es
00:03:12: um eine solche Großstadt quasi brammtechnisch oder für all Ihre
00:03:17: Einsätze zu sichern, abzusichern?
00:03:19: Also sicherlich brauchen wir die verschiedenen Feuerwachen,
00:03:22: die im ganzen Stadtgebiet stationiert sind und wo auch immer wieder geschaut wird,
00:03:28: sind sie da an der richtigen Stelle, brauchen wir mehr,
00:03:31: ergeben sich andere Stadtteile, wachsende Stadtteile
00:03:35: und muss man dann nachlegen.
00:03:37: Wir haben die Stadt unterteilt in sechs Einsatzbereiche,
00:03:41: zu denen dann verschiedene Feuerwachen gehören,
00:03:44: sodass diese auch zusammengehören ein ähnliches Einsatzgebiet haben
00:03:49: und da auch ein bisschen Flexibilität ist, wenn zum Beispiel
00:03:53: auf einer Wache jemand krank wird, dass man dann aushelfen kann
00:03:57: und die Kollegen nicht durch die ganze Stadt rotieren müssen.
00:04:01: Genau, das bringt so eine große Stadt sicherlich mit sich,
00:04:04: dass man nicht sagen kann, wir machen einen Einsatzbereich,
00:04:07: sondern wir unterteilen das in sechs Bereiche.
00:04:10: Und ich will das gerne ergänzen, um mal die Dimension deutlich zu machen.
00:04:14: Alleine der Einsatzbereich 1, der die Mitte Berlins umfasst,
00:04:19: hat so viele Feuerwachen und so viel Personal, wie Feuerwehren,
00:04:23: wie zum Beispiel eine Stadt Frank oder Main.
00:04:26: Also nur um mal die Dimensionen annähernd deutlich zu machen.
00:04:30: Also Berlin-Mitte ist im Grunde von der Feuerwehrdimension her
00:04:33: so wie Frankfurt am Main.
00:04:35: Weil auch entsprechend die Bevölkerung da ist.
00:04:38: Das sind weit über 600.000 Menschen, die dort alleine leben,
00:04:41: plus die einpendelnden Beschäftigten in den ganzen Unternehmen drum herum.
00:04:46: Wie ist das eigentlich in diesen Feuerwachen?
00:04:48: Gibt es da wirklich diese Stange, wo die Feuerwehrleute von oben
00:04:51: nach unten rutschen und also oben ruhen?
00:04:54: Schlafen ja wahrscheinlich nicht, aber ruhen dann,
00:04:57: um die Anzüge und dann geht es los, ist das so?
00:05:00: Ja, die gibt es tatsächlich.
00:05:02: Die sind mittlerweile, denke ich, deutlich besser gesichert,
00:05:05: als sie das früher waren.
00:05:07: Die sind hinter einer Tür verdeckt, die man dann erstmal aufmachen muss.
00:05:11: Man braucht spezielle arbeitsmedizinische Untersuchungen,
00:05:14: dass man das Ganze auch nutzen darf.
00:05:16: Aber die sind da und die werden auch fleißig benutzt,
00:05:19: damit man was einhalten kann,
00:05:21: dass man natürlich schnell am Auto ist und losfahren kann.
00:05:24: Ja klar, weil die Anzüge und die Ausrüstung, die wicht natürlich einiges.
00:05:29: Und wenn man da an die Stange, man muss ja wahrscheinlich springen
00:05:32: auch ein bisschen oder zumindest sich dahin hangeln
00:05:35: und dann runter ist das Traum eines jeden Kindes,
00:05:39: damit die Stange da so runter zu rutschen.
00:05:42: Wie eng arbeiten eigentlich bei Ihnen die Berufsfeuerwehren
00:05:45: und die freiwilligen Feuerwehren zusammen?
00:05:48: Das ist tatsächlich in Berlin eine sehr enge Zusammenarbeit.
00:05:53: Wenn wir freiwillige Feuerwehren in den Dienst nehmen,
00:05:57: dann unterscheiden wir grundsätzlich erst einmal nicht,
00:06:00: ist das eine freiwillige Feuerwehr- oder ein Berufsfeuerwehr-Löschfahrzeug,
00:06:03: sondern die Aufträge, die Einsatzaufträge,
00:06:05: die vergeben werden zentral durch unsere Leitstelle,
00:06:08: die gehen dann an alle gleichzeitig.
00:06:10: Es gibt sicherlich Spezialkompetenzen bei der Berufsfeuerwehr
00:06:13: und ja, viele Berufsfeuerwehrleute
00:06:16: weisen natürlich noch eine deutlich höhere Erfahrung auf
00:06:19: als freiwillige Feuerwehrleute.
00:06:21: Deswegen ist eben auch die Ausbildung der Freiwilligen hier in Berlin
00:06:25: durchaus sehr speziell, wie gesagt,
00:06:27: weil wir fordern eigentlich das Gleiche ab, wie von Brustfeuerbeleuten.
00:06:31: Ich lebe privat auf dem Land
00:06:33: und dann gibt es die freiwillige Feuerwehr,
00:06:35: spielt natürlich eine mega wichtige Rolle,
00:06:37: aber dann kenne ich, dass da geht dann diese Rehne
00:06:40: und dann kommen diejenigen da angefahren,
00:06:42: an Garant zum Teil und dann geht es ab
00:06:45: und haben einen sehr, sehr wichtigen Beitrag.
00:06:48: Wie ist das denn hier? Wie werden die alarmiert?
00:06:50: Also in Berlin haben wir zwei unterschiedliche Arten
00:06:52: von freiwilligen Feuerwehren.
00:06:54: Am Stadtrand haben wir die sogenannten A-Feuerwehren,
00:06:57: die werden genauso alarmiert, wie sie es auch vom Land kennen,
00:07:00: sprich die Mitglieder, die Ehrenamtlichen,
00:07:04: laufen von zu Hause oder von der Arbeit direkt zum Gerätehaus,
00:07:07: besetzen dort die Fahrzeuge, wenn ein Alarm reinkommt.
00:07:10: In der Innenstadt haben wir eine andere Art von freiwilliger Feuerwehr
00:07:14: in der Regel, dort sind es Währen, die wir dann alarmieren,
00:07:18: wenn wir zum Beispiel große Unwetter-Erlagen haben
00:07:21: oder die Brustfeuerwehr längere Zeit im Einsatz ist,
00:07:24: dann aktivieren wir diese und die besetzen dann die Brustfeuerwachen,
00:07:28: die sonst verweist wären.
00:07:30: Ein großes Unwetter gab es ja gerade.
00:07:33: Was bedeutet so ein Sturm, wenn ein Sturm,
00:07:36: wie hier ungewöhnlicherweise im Sommer durch Berlin fängt,
00:07:40: mit über 100 Stundenkilometern, auch nur mit 80, 70 angekündigt war,
00:07:44: dann für die Berliner Feuerwehr?
00:07:46: Ja, wie wir es gesehen haben gerade jüngst,
00:07:49: es bedeutet Großalarm, Hausname, Zustand, Wetter nennen wir das
00:07:52: und da werden dann eben auch alle diese freiwilligen Feuerwehren aktiviert.
00:07:56: Denn ohne die geht es auch hier der großen Berliner Feuerwehr nicht.
00:08:00: Da reicht unser Berufspersonal nicht aus, um diese Lage herzuwerden.
00:08:04: Wir haben jetzt bei dieser vergangenen Lage zuletzt über 750 Alarme gehabt,
00:08:09: nur wegen des Wetters, insgesamt an einem Tag in 24 Stunden
00:08:13: über 2300 Alarme und da war sowohl die Feuerwehrseite,
00:08:19: die technische Gefahrenabwehr, absolut ausgelastet,
00:08:22: aber in den späten Abendstunden auch der Rettungsdienst.
00:08:25: Oh ja, warum?
00:08:26: Man muss natürlich sagen, dass einerseits Leute verletzt werden können.
00:08:30: In diesem Fall ist es schwer, ich glaube, drei Schwerstverletzte
00:08:34: und eine Tote sogar, da wo ein Baum auf ein Fahrzeug gestürzt ist.
00:08:38: Ja, und dann sind natürlich auch häufig Wege versperrt
00:08:42: und wir brauchen einfach deutlich länger, um dahin zu kommen,
00:08:44: wo wir gebraucht werden.
00:08:46: Also auch wir fahren eine Straße lang und sehen dann einen eingestutzten Baum.
00:08:50: Das ist mir gestern erst passiert auf einem Einsatzfahrt zu einem Einsatz
00:08:55: und dann war da ein Baum.
00:08:57: Da mussten wir natürlich einmal umkehren, haben das Ganze gemeldet,
00:08:59: auch bei uns intern und haben dann einen Umweg genommen.
00:09:03: Und das geht dann ja auch vielen so, muss man ehrlich sagen.
00:09:06: Also dauert alleine die Anfahrtszeit länger,
00:09:08: die Fahrtrichtung Krankenhaus dauert länger
00:09:10: und dadurch staunen sich natürlich auch Einsätze auf,
00:09:13: auch wenn sie gar nicht durch den Sturm an sich verursacht wurden.
00:09:16: Sie, Frau Lotz, Sie sind Oberärztin bei der Berliner Feuerwehr.
00:09:21: Wie ist Ihr Alltag geprägt und durch was?
00:09:25: Können Sie uns einmal so mitnehmen, was täglich bei Ihnen einläuft, was passiert?
00:09:29: Mein Alltag teilt sich auf im Einsatzdienst tatsächlich.
00:09:33: Also ich bin auch als Oberärztin ganz normal als Notärztin tätig,
00:09:38: so wie das auch die Berliner Klinikärzte sonst machen,
00:09:41: die wir auf den Notarztmitteln haben.
00:09:44: Zusätzlich machen wir als Oberärztin in Berlin die leitenden Notarztdienste.
00:09:48: Also wir setzen tagsüber die ersten 12 Stunden von 7 bis 19 Uhr
00:09:54: ein Einsatzleitwagen mit einem leitenden Notarzt
00:09:57: auf der Feuerwache Ranke hier in der Berliner Mitte sozusagen
00:10:02: und haben noch ein Oberarzt Telefon- und Rufdienst,
00:10:06: den wir dann die nächsten 12 Stunden nochmal anschließen.
00:10:10: Das andere, was wir machen, ist im Endeffekt rückwärtige Arbeit.
00:10:14: Also wir arbeiten projektbezogen, wir sind angegliedert an die Abteilung
00:10:18: Einsatzvorbereitung Rettungsdienst, sind da Referaten zugeteilt,
00:10:22: sodass wir ein Spezialgebiet haben und das machen wir auch noch.
00:10:26: Was heißt das konkret? Was machen Sie dann bei Ihrem Spezialgebiet?
00:10:29: Ich gehöre zu dem vorbeugenden Rettungsdienst im Referat
00:10:33: und was wir machen ist zu schauen, wie kann man den Rettungsdienst
00:10:38: auch auf der anderen Seite präventiv unterstützen.
00:10:41: Das heißt, wir arbeiten mit unseren Anrufern, die sehr häufig anrufen.
00:10:47: Also unsere Frequent-User nennen wir die Patienten im Endeffekt,
00:10:52: die regelmäßig die Leitstelle anrufen und sehr viele Einsätze im Jahr generieren.
00:10:56: Da haben wir Sozialarbeiter, die sich genau um diese Leute kümmern
00:11:00: und zu schauen, kann man die unterstützen.
00:11:03: Was für Hilfe brauchen Sie, weil Sie eigentlich den Rettungsdienst alarmieren,
00:11:07: aber gar nicht wirklich den Rettungsdienst brauchen,
00:11:10: sondern vielleicht pflegere Unterstützung oder den sozial-psychiatrischen Dienst
00:11:15: und wie kann man da schauen, dass man die unterstützt,
00:11:18: um nicht mehr die 112 zu wählen.
00:11:21: Und ansonsten sind wir dabei, Projektarbeit zu machen
00:11:25: und zu schauen, was kann man für alternative Konzepte in Berlin entwickeln,
00:11:29: um den Rettungsdienst auch zu entlasten.
00:11:32: Man steht einfach manchmal bei Menschen, die ganz sicher Hilfe brauchen,
00:11:36: aber eigentlich nicht den Rettungsdienst brauchen.
00:11:39: Das prägt auch diese Debatte bei diesem Kongress der Bernd-Steiger-Stiftung,
00:11:42: wo wir uns gerade treffen, wo es ja darum geht, genau das auseinanderzubringen.
00:11:47: Also den Menschen, die ja schon Hilfe brauchen, wie Sie es gerade eben sehr gut beschrieben haben,
00:11:51: aber eben andere Hilfe als den Rettungswagen, der kommt.
00:11:55: Das ist ja auch eine Ansprache und Unterstützung.
00:11:58: Wie hoch ist der Teil der Rettungsdienst?
00:12:01: Die kann man das quantifizieren, die bei Ihnen anrufen,
00:12:04: von denen Sie wissen, das sind unsere Frequent-User,
00:12:07: die aber Ansprache brauchen und anderes.
00:12:10: Also aus unserem letzten Jahresbericht, sozusagen,
00:12:14: haben wir von 2024 insgesamt knapp 2.500 Personen,
00:12:19: die im Jahr 30.000 Einsätze generiert haben.
00:12:23: 6.000 Mal sind für 2.500 Personen Rettungsmittel rausgeschickt worden.
00:12:28: Das ist wirklich eine massive Anzahl.
00:12:31: Wissen die denn, was sie tun?
00:12:33: Ich meine, jeder, der anruft, denn die technischen Abläufe jetzt nicht.
00:12:37: Aber der blockiert ja sicherlich irgendeine Leistung von Ihnen,
00:12:41: einen Ansprechpartner, der da nicht gerade verfügbar ist,
00:12:45: weil er mit dem oder mit derjenigen gerade spricht, sprechen muss.
00:12:49: Mit denen muss ich das erstmal anhören.
00:12:51: Oder vielleicht können Sie es auch an der Telefonnummer erkennen,
00:12:54: wer das ist.
00:12:55: Aber trotzdem muss man sich ja mit dem oder derjenigen dann auseinandersetzen.
00:12:58: Wissen die denn, was sie da machen?
00:13:00: Oder ist das mehr wirklich der Einsamkeit oder der besonderen Lage geschuldet?
00:13:05: Ich glaube, ehrlich gesagt, dass es das Beides gibt.
00:13:08: Es gibt die Menschen, die wissen,
00:13:10: dass wir nicht als Feuerwehr der richtigen Ansprechpartner sind,
00:13:13: aber die wissen sich einfach nicht, anders zu helfen.
00:13:16: Es gibt einfach keine andere 24/7 Rufnummer, die man wählen kann,
00:13:22: für andere gesundheitliche Probleme.
00:13:25: Und wenn man dann nicht weiß, wer man anrufen soll,
00:13:28: weil die Nummer nicht so eingänglich ist,
00:13:30: dann wählt man zur Not die 112.
00:13:33: Natürlich gibt es weiterhin auch Frequent-User,
00:13:37: die haben psychische Probleme, sucht Probleme
00:13:40: und kommen dann in eine Notlage,
00:13:42: in der sich vielleicht nicht mehr genau wissen,
00:13:44: ob wir nicht der richtige Ansprechpartner sind.
00:13:47: Aber ja, das ist ein großes Problem,
00:13:49: dass wir halt diejenigen sind, die man am Ende anruft,
00:13:52: wenn man ein Problem hat,
00:13:54: auch wenn es vielleicht nicht ein Notfallmedizinisches Problem
00:13:57: im engeren Sinne ist.
00:13:59: Und wie gehen Sie damit um?
00:14:01: Naja, das, was wir im Ende jetzt immer machen,
00:14:04: ist, dass wir in der Leitstelle
00:14:06: ein standardisiertes Notrufabfrageprotokoll haben.
00:14:11: Das heißt, dieser Anruf wird abgefragt,
00:14:13: dann wird ein Code daraus generiert
00:14:15: und dieser Code bestimmt,
00:14:17: ob wir den Einsatz zum Beispiel
00:14:19: an die Kassenärztliche Vereinigung abgeben können.
00:14:22: Dann geht bei denen der Alarm ein
00:14:24: oder ob wir ein Rettungsmittel beschicken.
00:14:26: Das sind unsere Varianten
00:14:28: oder natürlich ein nicht Rettungsmittel,
00:14:30: sondern ein technisches Hilfeleistungsmittel.
00:14:32: Diese beiden Varianten gibt es nur,
00:14:34: wir können nicht einfach auflegen.
00:14:36: Neben dem konkreten Einsatz,
00:14:39: über den wir auch gesprochen haben gerade,
00:14:41: also bei Großwetterlagen,
00:14:43: gibt es auch immer wieder,
00:14:45: gerade jetzt im Sommer auch,
00:14:47: furchtbare Ereignisse an Badesäen.
00:14:49: Jetzt war hier gerade am Großkliniker See
00:14:52: ein tödlicher Badeunfall.
00:14:54: Da sind drei Menschen in Not geraten.
00:14:56: Eine Rettungsschwimmerin oder eine Schwimmerin,
00:14:58: die ausgebildet war als Rettungsschwimmerin,
00:15:00: hat offenkundig helfen können
00:15:02: und einen daraus gezogen.
00:15:04: Zwei sind ja zu Tode gekommen,
00:15:06: ob er trunken oder wie auch immer,
00:15:08: das wird noch untersucht.
00:15:10: Man fragt sich dann schon,
00:15:12: das waren junge Menschen,
00:15:14: 24, 25 Jahre alt,
00:15:16: woran nicht es mitten am Tag,
00:15:18: auch nicht irgendeiner Nacht,
00:15:20: dass die Menschen in Badesäen sterben.
00:15:23: Ehrlich gesagt,
00:15:25: häufig sind das nicht Schwimmer,
00:15:27: muss man tatsächlich sagen.
00:15:29: Die gehen ins Wasser,
00:15:31: gehen auf den Stand-up-Pädel
00:15:33: oder wagen sich hinaus
00:15:35: und wir haben doch ja einige gesehen,
00:15:37: wir haben eine Kante
00:15:39: und dann kann man noch stehen
00:15:41: und plötzlich stürzt man in die Tiefe.
00:15:43: Und wenn man dann natürlich nicht schwimmen kann
00:15:45: und das Ganze unterschätzt hat,
00:15:47: dann geht man einfach unter.
00:15:49: Wir haben einfach mittlerweile
00:15:51: einen relativ hohe Rate an Nichtschwimmern
00:15:53: in Berlin, muss man ehrlich sagen.
00:15:55: Zusätzlich ist es natürlich so,
00:15:57: dass auch wir immer wieder darauf zu aufrufen,
00:15:59: die Baderegeln zu beachten.
00:16:01: Also, sprich, nicht einfach so ins Wasser zu springen,
00:16:04: was man nicht kennt,
00:16:06: sich vorsichtig ins Wasser zu tasten,
00:16:08: nicht mit überhitztem Körper einfach reinzurennen.
00:16:11: Denn auch das sind natürlich Ursachen,
00:16:13: die dazu führen können,
00:16:15: dass selbst wenn man schwimmen kann,
00:16:17: eben deutliche Probleme bekommt.
00:16:19: Insbesondere weil so sehr heißen Wetter,
00:16:21: wie wir es auch diesen Sommer schon erlebt haben.
00:16:23: Wir haben gesprochen über die Priorisierung.
00:16:26: Wie gelingt es überhaupt,
00:16:28: diese Vielzahl von Notrufen zu priorisieren?
00:16:30: Ja, es ist tatsächlich so,
00:16:32: dass von den über 1,1 Millionen Anrufern,
00:16:35: bei uns in der Leitstelle verzeichnen,
00:16:37: ja, schon genau schauen müssen,
00:16:39: dass wir auch die richtigen identifizieren,
00:16:41: die wir zuerst beschicken müssen.
00:16:43: Und unser standardisiertes Notrufabfrage-Potokoll
00:16:47: sieht natürlich vor, dass wir genau schauen,
00:16:50: was liegt dann vor Ort vor,
00:16:52: dass wir die Notfälle richtig identifizieren.
00:16:54: Und seit diesem Jahr haben wir für den Rettungsdienst
00:16:58: auch nochmal unser System umgestellt,
00:17:00: sogenannte Notfallkategorien eingeführt,
00:17:03: mit dem wir jetzt nochmal besser priorisieren können.
00:17:06: Das heißt, dort, wo wirklich dringend Hilfe notwendig ist,
00:17:09: wird dort auch priorisiert die Einsatzmittel hinschicken.
00:17:12: Aber es bedeutet auch,
00:17:14: bei der Vielzahl der Alarme, die wir haben,
00:17:16: dass kleine Notfälle auch mal länger warten müssen.
00:17:20: Ja, das ist spannend.
00:17:22: Seit März ist das, haben Sie dieses priorisierte System?
00:17:25: Können Sie uns ein bisschen mehr darüber erzählen,
00:17:27: was passiert genau, wie priorisieren Sie?
00:17:30: Ich rufe an da bequallend in einer Clay Arley,
00:17:34: ganz große Rauchwolke.
00:17:36: Also tatsächlich ist dieses System
00:17:39: mit den Notfallkategorien zunächst eingeführt worden
00:17:41: für den Notfallrettung, also für alles Medizinische.
00:17:44: Da ist es so, dass wir also seit dem März diesen Jahres
00:17:48: in fünf Kategorien unterteilen.
00:17:51: Die fünfte Kategorie hat für uns die geringste Priorität
00:17:54: und die wird von uns auch gar nicht großartig beschickt,
00:17:57: aber das geben wir ab an Dritte.
00:17:59: Beispielsweise die kassenärztliche Vereinigung.
00:18:02: Was ist da, wenn ich sage?
00:18:04: Du tut so wie am Fuß.
00:18:06: Insbesondere vor allen Dingen auch Schmerzen,
00:18:08: die man schon länger hat,
00:18:10: die keinerlei wirkliche Notfalleizyntome haben,
00:18:14: wo man ganz klar davon ausgehen kann,
00:18:17: damit wird es sich in der nächsten Zukunft
00:18:20: kein wirklich schwerwiegendes Problem für den Patienten entwickeln.
00:18:23: Und so steigt es dann auf, bis zu erst...
00:18:25: Das ist durch die Abfrage.
00:18:27: Fragt der Disponent, dann tut es den weh schon drei Wochen.
00:18:31: Genau.
00:18:33: Also so etwas wird über das standardisierte Notabfallprotokoll
00:18:37: dann erkannt, wie schwerwiegend ist dann ein Notfall.
00:18:40: Und es steigt, wie gesagt, dann so auf.
00:18:42: Und eins ist die höchste Kategorie,
00:18:44: sozusagen eine Reanimation beispielsweise.
00:18:46: Hier liegt jemand, der atmet nicht mehr.
00:18:49: So entsprechend teilen wir dann eben auch die Einsatzmittel zu,
00:18:54: die wir haben.
00:18:56: Und das Ganze ist natürlich auch entstanden aus einer Note heraus.
00:18:58: Das muss man ganz klar sagen.
00:19:00: Denn es ist einfach so, dass wir in den letzten Jahren
00:19:02: bei diesen steigenden Einsatzzahlen gesehen haben,
00:19:05: mit den vorhandenen Mitteln,
00:19:07: werden wir der Lage sonst so nicht her.
00:19:09: Es ist quasi unser Versuch,
00:19:11: dann trotzdem den, die es wirklich dringend brauchen,
00:19:13: die Hilfe, diese auch zeitnah zukommen zu lassen.
00:19:16: Woran liegt so der Lager,
00:19:18: dass diese steigende Anzahl anrufen?
00:19:21: Wahrscheinlich am meisten immer noch Anrufen.
00:19:23: Gibt es eine andere Alamierungsmöglichkeit eigentlich der Folge?
00:19:26: Oh ja, doch, es gibt noch die E-Calls.
00:19:29: Das sind diese automatischen Anrufe aus Auto heraus,
00:19:32: elektronischen Systeme.
00:19:34: Und wir haben natürlich auch noch grundsätzlich eine App,
00:19:37: mit der man auch einen Notruf absetzen kann.
00:19:40: Grundsätzlich gibt es auch noch das gute alte Gehörlosenfax,
00:19:43: worüber auch unser Leitstellen noch erreichbar ist.
00:19:46: Aber ja, in der Masse sind es natürlich die Notrufe, die eingehen.
00:19:50: Und die Frage ist super spannend.
00:19:53: Aber leider haben wir auch dafür keine klare Antwort,
00:19:56: bis auf die besagten demografischen Entwicklungen,
00:19:59: die wir hier sehen.
00:20:01: Sicherlich auch an der einen oder anderen Stelle
00:20:03: eine gewisse Hilflosigkeit in der Bevölkerung.
00:20:06: Vielleicht auch manchmal ein gewisses Anspruchsdenken.
00:20:10: Aber ja, größtenteils ist es einfach so, die Stadt wächst.
00:20:14: Und wir hinken ein bisschen hinterher.
00:20:17: Auch etwas, wofür wir immer wieder kämpfen müssen,
00:20:19: dass wir auch entsprechend ausgestattet werden mit den Ressourcen,
00:20:22: damit wir den Menschen in Berlin auch ordentlich helfen können.
00:20:25: Jetzt ist Berlin ja immer im Fokus.
00:20:28: Als Hauptstaat, als größte Stadt Deutschland,
00:20:31: auch manchmal so von außen als,
00:20:33: oh, was da schon wieder passiert, mein Gott.
00:20:36: Und wir erleben es leider seit, ich mein,
00:20:39: ich kenne das noch über die ersten Meisten,
00:20:42: die ja hier wirklich seit 1900.
00:20:44: Und 87 große Schlachten waren
00:20:48: immer rund um Kreuzberg.
00:20:50: Und das ist ein bisschen zurückgegangen.
00:20:53: Aber stattdessen haben jetzt diese Wester Nacht,
00:20:56: die zum Fanal wird, zumindest in Bezirken wie Köln.
00:21:01: Und man sich ein bisschen wundert,
00:21:03: warum werden dann Rettungskräfte angegriffen,
00:21:06: die eigentlich nur helfen.
00:21:08: Auch denjenigen, die da vor Ort sind.
00:21:10: Wie ist Ihre Erfahrung damit?
00:21:12: Und ist es wirklich so,
00:21:14: wie man ja aus Sektüre, aus Beiträgen glaubt, dass es ist?
00:21:19: Ja, tatsächlich muss man leider sagen,
00:21:22: dass die Gewalt gegen Einsatzkräfte steigt in den letzten Jahren.
00:21:26: Die Wester Nacht ist natürlich das,
00:21:29: das, was man am meisten mitbekommt, auch in den Medien.
00:21:32: Und wo wir in den letzten Jahren natürlich auch
00:21:35: dann schon sehr viel Vorsicht-Maßnahmen ergreifen,
00:21:38: mit der Polizei zusammenarbeiten,
00:21:40: schauen, dass wir abgesichert sind,
00:21:42: gerade in den Brennpunkten, die man kennt
00:21:46: und die sich so herauskristallisiert haben.
00:21:49: Aber leider ist es auch nicht nur die Wester Nacht,
00:21:52: sondern uns begegnend auch Gewalt gegen Einsätze
00:21:56: im alltäglichen außerhalb von solchen Veranstaltungen.
00:22:00: Und ehrlich gesagt ist das für uns natürlich auch unverständlich,
00:22:03: weil man ganz klar sagen muss, wenn wir kommen,
00:22:06: dann kommen wir um zu helfen.
00:22:08: Und wir kommen auch immer nur, wenn wir gerufen wurden.
00:22:11: Das heißt, wenn man uns behindert,
00:22:13: dann verhindert man, dass ein Mensch,
00:22:15: der um Hilfe gebeten hat, diese jetzt bekommt.
00:22:20: Weil es schließt sich mehr nicht durch Ihre Erklärung nicht,
00:22:23: aber es schließt viel grundsätzlich nicht.
00:22:26: Weil genau das, was Sie sagen, denke ich ja auch.
00:22:29: Sie werden gerufen, weil jemand Not leidet
00:22:32: und um die Not zu leiden will er brennend,
00:22:34: oder jemanden geht schlecht und wird ja auch gerufen.
00:22:37: Deswegen sind Sie ja auch als Leitenerztin hier.
00:22:40: Sind Sie eben entsprechend da,
00:22:42: um jemanden aus der Not, der körperliche Not zu befreien
00:22:45: und ihm zu helfen oder derjenigen zu helfen?
00:22:48: Und warum wird dann ein solcher Rettungswagen angegriffen,
00:22:51: als was kommt, was sieht man da in Ihnen, was abgelehnt wird,
00:22:56: wenn man es mal so neutral formuliert ist?
00:23:00: Ich spring mal kurz rein,
00:23:02: weil das ist eine ganz spannende Verrage,
00:23:04: die wir uns auch gestellt haben.
00:23:06: Und weil wir nicht auf Anhieb eine Antwort darauf hatten,
00:23:09: haben wir ein Forschungsprojekt gegründet,
00:23:12: in dem das nämlich gerade jetzt erforscht wird.
00:23:15: Wir schauen also, was sind denn Ursachen?
00:23:18: Aber natürlich auch, was sind Möglichkeiten?
00:23:20: Welche Maßnahmen können wir ergreifen,
00:23:22: um dem Problem etwas zu entgegnen?
00:23:25: Haben Sie irgendwelche Vorerkennnisse schon
00:23:29: aus den Befragungen, woran es liegt, da liegen Kante?
00:23:32: Also, das Projekt ist tatsächlich Ende des vergangenen Jahres
00:23:35: gestartet und noch in der Phase,
00:23:37: wo wir jetzt keine Ergebnisse vorliegen haben.
00:23:40: Aber für uns natürlich ein zentraler Baustein.
00:23:42: Denn nicht nur, dass wir damit verstehen wollen,
00:23:45: warum haben wir es mit dem Problem zu tun,
00:23:48: sondern wir setzen eben auch darauf,
00:23:49: entsprechende Maßnahmen daraus ableiten zu können.
00:23:52: Wie können wir uns vielleicht auch anders verhalten?
00:23:54: Wie können wir uns besser schützen?
00:23:56: Aber vor allen Dingen, wie können wir auch auf die Bevölkerung zugehen,
00:23:59: auch auf die, die uns angreifen?
00:24:01: Eine Maßnahme, die läuft jetzt auch schon seit einigen Jahren,
00:24:05: das sind unsere Kiezprojekte.
00:24:08: Kolleginnen und Kollegen von den einzelnen Feuerwachen
00:24:10: haben sich nämlich gesagt, hey, wir werden angegriffen, glauben aber,
00:24:15: wir haben die Chance, in einem guten Dialog auf die Leute
00:24:20: in den Kiezen zuzugehen.
00:24:21: Und diese Kiezprojekte machen nichts anderes,
00:24:23: als dass wir dort in Kontakt kommen wollen,
00:24:26: miteinander reden wollen, zeigen wollen,
00:24:28: da stecken Menschen hinter der Uniform.
00:24:30: Und bisher, so unsere Erfahrung,
00:24:32: ersten Erfahrungen nach den ersten Jahren, zeigt das auch Wirkung.
00:24:36: Also, die Kolleginnen und Kollegen fühlen sich dort gewertschätzt
00:24:39: und wahrgenommen und ja, wir müssen hoffen und wollen hoffen,
00:24:43: dass es wirklich zu Erfolg führt
00:24:45: und sich auch Angriffe eben dadurch reduzieren lassen.
00:24:48: Wir bedeuten, Sie würden wahrgenommen als Vertreter
00:24:51: der staatlichen Gewalt, Uniform ist Uniform,
00:24:54: wird sowieso abgelehnt, Sie sind irgendwo da
00:24:57: in diesem ganzen Polizeikosmos und staatliche Ordnung Repräsentanten,
00:25:03: lehnen wir sowieso ab und will ab so tatsächlich,
00:25:06: weil es raucht, es brennt oder jemand ist dabei zu kollabieren,
00:25:11: vielleicht sogar zu sterben, dass man das nicht einsieht.
00:25:14: Also, ich finde es bewundernswertend,
00:25:16: wie viel positiver Verständnis man nicht wirklich so sieht,
00:25:19: dem versuchen wir auch, finde ich sehr berlinenspezifisch,
00:25:23: auch im Positiven zu begegnen und das Ganze eben auszuräumen.
00:25:27: Nur, man macht schon Fragezeichen hinter so einem Verhalten.
00:25:31: Also, wenn ich vielleicht einen Schwenk aus meinem Leben
00:25:35: einmal berichten darf, bin ich als Notärztin
00:25:38: mal zu einer Reanimation tatsächlich gefahren.
00:25:41: Und wir sind mit dem Rettungswagen sehr zeitgleich angekommen.
00:25:44: Wir parken natürlich immer mitten auf der Straße
00:25:47: und wir haben in dem Moment ein Auto zugeparkt.
00:25:50: Und dann kam ein sehr aufgebrachter Mensch und schnaut das an.
00:25:54: Also, er müsste es ja jetzt da raus, weil er hätte ein Notfall.
00:25:58: Und hat das so sehr selbstverständlich gesagt.
00:26:00: Und wir haben gesagt, aber wir sind ja auch zu einem Notfall hier.
00:26:04: Und da war direkt eine Aggressivität gegenüber die,
00:26:09: uns gegenüber, die ich nicht verstanden habe.
00:26:11: Und das ist völlig in Ordnung, wenn man vielleicht mal sagt,
00:26:15: Mensch, könnten Sie ein Stück zur Seite fahren?
00:26:17: Ich habe ein Baby im Auto oder was es auch immer sein mag.
00:26:20: Aber das war ein typischer Moment, wo ich dachte,
00:26:23: was denkt denn der Herr, warum wir hier gerade mit einem Notarztwagen
00:26:27: und einem Rettungswagen mit Blaulicht ankommen?
00:26:29: Wir parken ihn ja nicht ein, um ihn zu ärgern, ja.
00:26:32: Was ist denn ausgegangen, die Reanimation?
00:26:34: Die Reanimation ist, ja, tatsächlich hat er es nicht überlebt,
00:26:38: der Patient, leider, ja.
00:26:40: Wie gehen Sie denn damit um eigentlich mit solchen Sachen?
00:26:44: Weil das gehört ja auch zu Ihrem Alltag, Sie helfen und das großartig.
00:26:48: Manchmal kommen Sie mit gedrohener Reise zu spät.
00:26:51: Wie stecken Sie das persönlich weg?
00:26:54: Ehrlich gesagt, ist das sehr unterschiedlich,
00:26:56: was man für Einsätze hat, ja.
00:26:58: Ich glaube, das hat man als Ärztin ja immer oder auch als Arzt natürlich,
00:27:02: mit Patienten zu tun hat, die schwerst krank sind,
00:27:06: die daran auch verstärben oder längerfristige Behinderungen
00:27:10: davon tragen und im Rettungsdienst ist man natürlich immer
00:27:13: mit schwerstkranken Patienten und Notfällen auch konfrontiert.
00:27:18: Und das sind sehr häufig individuelle Faktoren,
00:27:21: welcher Notfall einem nahegeht.
00:27:24: Sei das natürlich Notfälle mit schwerkranken Kindern.
00:27:27: Ich glaube, da, wenn man meine Befragung machen würde,
00:27:30: kann man meistens sagen, das ist für Sie sehr belastend.
00:27:34: Aber manchmal sind es auch Einsätze.
00:27:36: Da hat der Patient das gleiche Geburtsdatum der eigenen Mutter.
00:27:40: Und man kann es vorher gar nicht unbedingt einschätzen.
00:27:43: Das heißt, es ist immer wichtig, dass man einmal schaut,
00:27:46: wie geht es allen nach dem Einsatz?
00:27:48: Und vielleicht auch manchmal erstaunt es,
00:27:50: dass es jemanden mehr mitgenommen hat, wie gesagt,
00:27:53: weil zum Beispiel das Geburtsdatum gleich ist
00:27:56: oder der gleiche Schrank im Wohnzimmer stand wie bei den Eltern.
00:27:59: Da kann man das gar nicht genau einschätzen.
00:28:02: Deswegen müssen wir natürlich immer schauen,
00:28:04: dass es allen danach gut geht und dann Auge drauf haben.
00:28:07: Jetzt sind Sie, Frau Lotz, ja Oberärztin.
00:28:10: Sie hätten sich auch ein etwas grusameren Arbeitsalltag aussuchen können.
00:28:16: Warum sind Sie zur Berliner Feuerwehr gegangen?
00:28:19: Also, ich bin von Hause aus an das System,
00:28:22: hab meine Facharztausbildungszeit im Krankenhaus verbracht,
00:28:25: so wie man das typischerweise macht als Arzt.
00:28:28: Und dann bin ich zur Feuerwehr gekommen über das Fellowship.
00:28:32: Wir haben seit der letzten Notarztausstreibung
00:28:34: von der Feuerwehr aus ein Fellowship angeboten,
00:28:37: beziehungsweise die Kliniken haben das vertraglich geregelt,
00:28:41: dass die Ärzte zur Feuerwehr schicken und ich war eine davon.
00:28:44: Und hab die Feuerwehr da von der rückwärtigen Seite kennengelernt.
00:28:47: Und hab gesehen, dass der Rettungsdienst in Berlin
00:28:51: tatsächlich in den jetzigen Jahren
00:28:54: einfach wahnsinnige Fortschritte gemacht hat.
00:28:56: Und wie viel da rückwärtig für gemacht wird.
00:28:59: Dass der Rettungsdienst sich hier qualitativ verbessert,
00:29:02: dass die Arbeitsbedingungen für die Kollegen besser werden,
00:29:05: die Belastung, auch wenn sie natürlich steigt,
00:29:08: so gut wie möglich abgefedert werden kann.
00:29:11: Und hab da sehr viel Lust und Freude dran, damit zu wirken.
00:29:14: Jetzt gibt es ja eine neue Initiative,
00:29:18: auch Feuerwehrfrauen zu gewinnen.
00:29:21: Was sind die Anforderungen und wer wird Feuerwehrfrau?
00:29:24: Ich mein jetzt nicht die klassische, die Ärztin, die auch hilft,
00:29:28: auch großartig, aber die Feuerwehrfrau, die antagt, wenn's brennt.
00:29:31: Also grundsätzlich unterscheiden wir da gar nicht groß
00:29:34: zwischen Frauen und Männern, denn es ist ja egal,
00:29:38: wer die Person aus einem brennenden Haus rausrettet,
00:29:41: die muss gerettet werden.
00:29:43: Und entsprechend muss man beispielsweise
00:29:45: was körperliche Leistungsfähigkeit angeht, Kraft, Ausdauer,
00:29:49: das muss stimmen.
00:29:50: Und deswegen sind die Anforderungen da sehr ähnlich.
00:29:53: Trotzdem gibt es Unterschiede, auf die wir auch gerne eingehen wollen.
00:29:57: Und für uns ist es eine große Herausforderung.
00:30:00: Der Anteil der Frauen in der Feuerwehr im Einsatzdienst
00:30:04: ist noch sehr, sehr gering.
00:30:06: Und wir wünschen uns dringend hier mehr Frauen im Einsatzdienst.
00:30:10: Sie haben es angesprochen, die körperlichen Voraussetzungen.
00:30:13: Gut, Frauen sind auch stark, natürlich, im doppelter Hinsicht.
00:30:18: Gleichzeitig, wenn ich mir so einen klassischen Feuerwehrmann vorstelle,
00:30:22: dann sehe ich den auch mit seinem ganzen Geheur.
00:30:25: Auch wenn es so heiß ist, mit dem Helm,
00:30:27: mit diesem schweren Gerät, das er hat.
00:30:29: Und diese Ausrüstung, die wie ich ja auch paar Kilo,
00:30:34: das sind ja wahrscheinlich auch besondere körperliche Voraussetzungen,
00:30:37: die Frauen mitbringen müssen, um dann da auch ihre Frau zu stehen.
00:30:41: In der Tat, das ist so.
00:30:44: Aber wir sehen es ja auch bei uns in unseren Einstellungsjahrgängen.
00:30:48: Es gibt genügend Frauen, die können das leisten
00:30:50: und die wollen das leisten.
00:30:52: Und zudem kommt "Frauen bringen" schon noch mal
00:30:55: eine spezielle Art mit in unsere Feuerwehr, die uns gut tut.
00:30:59: Und das sind natürlich tatsächlich für das grundsätzliche Klima
00:31:03: in der Feuerwehr, wir denken offener, wenn wir diverser sind.
00:31:08: Sie haben auch in der Regel gerne eine andere Art auf Menschen zuzugehen.
00:31:12: Das werden wir auch insbesondere im Rettungsdienst.
00:31:15: Beispielsweise, was mal die Einfühlsamkeit angeht,
00:31:18: das ist jetzt so ein gestandenen Feuer, man vorstellt, auf der einen Seite.
00:31:21: Und vielleicht eine Frau,
00:31:23: die einfach auch noch mal andere Erfahrungen aus dem Leben mitbringt.
00:31:26: Und das ist etwas, das wünschen wir uns.
00:31:28: Und wir tun inzwischen auch einiges dafür.
00:31:31: In diesem Sommer gibt es den ersten Hauptstadtretterinnen-Tag,
00:31:34: ein Tag, wo wir tatsächlich dazu einladen in unsere Akademie
00:31:39: Frauen, junge Frauen, die Lust haben, sich mal die Feuerwehr anzuschauen.
00:31:43: Und weil sie es ansprachen, die körperliche Leistungsfähigkeit,
00:31:47: natürlich wird da auch noch mal kurz gezeigt,
00:31:49: hey, man muss auch ein bisschen körperlich was leisten können.
00:31:52: Und das kann man da ausprobieren.
00:31:54: Und auch da gibt es viele Tricks und Kniffe, mit Belastung umzugehen,
00:31:58: sodass auch für Frauen da grundsätzlich gar nichts im Wege steht,
00:32:02: auf Feuerwehrfrau zu werden.
00:32:04: Was man, zumindest wenn man auf ihrer Website guckt,
00:32:08: mitbringen muss, Herr Kasch, das ist zum Teil für ein Feuerwehrmann,
00:32:12: Feuerwehrfrau Abitur, ist es wirklich so,
00:32:14: dass sie jetzt Feuerwehrmann Abitur haben muss.
00:32:17: Also wir haben bei der Feuerwehr verschiedenste Zugangswege.
00:32:21: Das bedeutet, wir haben natürlich auch noch den klassischen Feuerwehrmann,
00:32:25: der kommt mit tatsächlich einer Berufsausbildung,
00:32:28: einer meistens auch handwerklichen Berufsausbildung.
00:32:31: Aber wir haben auch Zugangswege erstens mit Studium,
00:32:35: natürlich im Bereich der Führungskräfte.
00:32:37: Da wird auch mal gerne ein Masterstudiengang verlangt vorher.
00:32:40: Und wir haben natürlich auch im Bereich der medizinischen Ausbildung
00:32:44: unterschiedliche Möglichkeiten, in die Feuerwehr reinzukommen.
00:32:48: Inzwischen ist es bei Weitem nicht mehr so,
00:32:50: dass wir nur noch irgendwie einen Weg haben, in die Feuerwehr zu kommen,
00:32:54: sondern es gibt verschiedenste Möglichkeiten.
00:32:57: Teilweise auch direkt von der Schule, sprich wir bilden selber Feuerwehrleute aus.
00:33:01: Gibt es eigentlich so eine klassische Persönlichkeit?
00:33:04: Ich meine, jeder Junge, ich glaube, ist immer noch so,
00:33:07: wenn er kleiner ist, möchte gerne Feuerwehrmann werden,
00:33:10: weil das toll findet, weil auch die ...
00:33:12: wenn man sich da vermittelt, natürlich diese großartigen Wagen
00:33:16: und den Excitement, all das führt zusammen.
00:33:20: Aber wir sehen es in Amerika ja auch,
00:33:22: das ist ja auch ein ganz besonderer Art in den USA
00:33:25: von einer Hochachtung,
00:33:27: die den, ich meine, den Löschgrupps jetzt entgegengebracht wird,
00:33:32: den Paramedics, die ja auch dazu gehören, ja ebenfalls auch.
00:33:35: Und deswegen gibt es eigentlich so ein Persönlichkeitsmerkmal
00:33:40: aus ihrer Erfahrung für diejenigen, die dann zur Feuerwehr kommen.
00:33:44: Ich denke, man muss schon ein bisschen Leidenschaft mitbringen zur Feuerwehr.
00:33:50: Ohne ein bisschen diese Passion für das Helfen
00:33:55: sind die Anstrengungen, die dann tatsächlich das Arbeitsleben mit sich bringt,
00:34:00: gar nicht so leicht auszuhalten.
00:34:02: Und natürlich geht es darum, Fremden zu helfen,
00:34:06: aber eben auch dieses Sinnstiften, der ich tue, was Gutes,
00:34:11: das glaube ich für viele, oder ist für viele ein besonderer Punkt,
00:34:15: beider Feuerwehr zu sein.
00:34:17: Ich denke, das ist sozusagen der größte Punkt,
00:34:22: den man mitbringen müsste.
00:34:24: Aber es gehört natürlich im Alltag auch gerne mal ein bisschen Mut dazu.
00:34:28: Das kann der Mut sein, in ein brennendes Haus zu gehen,
00:34:31: das kann der Mut aber auch dazu sein, an fremden Menschen heranzugehen.
00:34:35: Wir tauchen tief in das Leben fremder Menschen ein,
00:34:38: um ihnen dort zu helfen.
00:34:40: Da bedarf es schon eines besonderen Charakters.
00:34:43: Jetzt ist Berlin ja eine ganz besondere Stadt, nicht nur Hauptstadt,
00:34:47: sondern ein bisschen nostalgisch.
00:34:49: Aber trotzdem war Berlin lange Jahre geteilt.
00:34:52: 1961 der Mauerbau und dann 1989 der Fall der Mauer.
00:34:57: Das hat er natürlich auch zufolge.
00:34:59: Wo die Mauerbau gab es natürlich auch seit 1949 die deutsche Teilung.
00:35:04: Spätestens seit '49 eigentlich nach Kriegsende.
00:35:08: Und zwei Systeme in Berlin, auch zwei Feuerwehren.
00:35:12: Mit allem, was dazu gehört.
00:35:14: Und es gibt ein paar skurrile Elemente, die berühmte Stalinallee in Berlin,
00:35:20: damals Ostberlin, ganz berühmte Architektur, hohe Häuser.
00:35:26: Da gab es eine Drehleiter aus dem Westen,
00:35:29: die dann, ich weiß nicht, auf welchen Wegen in den Osten gebracht wurde,
00:35:32: was er dann auch hätte löschen können.
00:35:35: Sprungtücher hat die Westberliner Feuerwehr aufgespannt,
00:35:39: damit damals in den Häusern, die entlang der Grenze,
00:35:43: die damals noch zugänglich oder bebohnt waren,
00:35:46: noch Menschen aus den Fenstern springen konnten in den Westen sozusagen.
00:35:51: Wie ist es heute mittlerweile, was haben wir?
00:35:54: 36 Jahre danach fast, wo wir ja zum Teil in Deutschland immer noch reden
00:36:00: über Ost und West, bizarre Weise.
00:36:03: Wie ist der Zustand der Berliner Feuerwehr?
00:36:06: Also, tatsächlich hat natürlich genau diese Geschichte
00:36:09: ganz stark die Berliner Feuerwehr geprägt.
00:36:12: Über viele Jahrzehnte haben die unterschiedlichen Karrieren,
00:36:15: die unterschiedlichen Wege von Kollegen und Kollegen,
00:36:18: die jetzt nach der Wende in einem Fahrzeug direkt nebeneinander saßen,
00:36:22: den Job gemeinsam gemacht haben, ganz anders geprägt waren.
00:36:26: Das hat natürlich was mit den Kollegen und Kollegen gemacht.
00:36:29: Die Wendephase muss eine unfassbar spannende Phase gewesen sein.
00:36:33: Neben der Geschichte, die Sie erzählt haben,
00:36:35: zur Drehleiter gab es auch noch eine spannende Geschichte.
00:36:38: Das erste Funkgerät, was vom Westen in den Ost gebracht wurde,
00:36:41: damit man überhaupt miteinander reden konnte,
00:36:44: dieses Annähern der Feuerwehren,
00:36:46: die man so vielleicht auch ein Stück weit als Vorreiter sozusagen
00:36:50: der politischen Annäherung sehen konnte in den Zeiten der Wende.
00:36:53: Das waren sicherlich sehr, sehr spannende Zeiten,
00:36:57: aber auch die Zeiten danach.
00:36:58: Man muss sehen, es gab auch einen Austausch
00:37:00: zwischen West- und Ostfeuerwehr.
00:37:02: Leute wurden sozusagen aus der Westfeuerwehr in den Osten geschickt,
00:37:06: um sich weiter aneinander anzunähern, um das Thema abzugleichen
00:37:09: und um gemeinsam zusammenzuwachsen.
00:37:12: Das lief nicht immer ohne Reibung.
00:37:14: Das war auch für viele, glaube ich, eine große Herausforderung.
00:37:17: Aber die Berliner Feuerwehr hat das gemeistert.
00:37:19: Und ich glaube, heute, viele Jahrzehnte danach,
00:37:22: ist es auch nicht mehr das ganz große Thema.
00:37:25: Wir sehen die Mauer, wir sehen die Teilung hier in der Stadt,
00:37:28: im Stadtbild immer noch.
00:37:29: Aber wir sehen sie schon eher so ein bisschen, ja,
00:37:32: geschädlichen, museumshaften Charakter,
00:37:34: eingelassen als Pflaster in der Straße,
00:37:37: aber eben gar nicht mehr so stark im Alltag.
00:37:39: Und das macht auch Hoffnung,
00:37:41: die Berliner Feuerwehr hat heute eher mit anderen Herausforderungen zu tun.
00:37:45: Wenn wir in die Zukunft blicken und einmal blicken in die technische Zukunft,
00:37:52: welche technischen oder sogar digitalen Innovationen wünschen Sie sich,
00:37:57: Dinge, die hier noch nicht sind, die es vielleicht schon gibt,
00:38:00: wünschen Sie sich für die Berliner Feuerwehr.
00:38:02: Grundsätzlich brauchen wir Digitalisierung.
00:38:06: Wir haben für unseren Einsatzdienst beispielsweise solche Tablets,
00:38:11: auf denen wir unsere Informationen an die einzelnen Einheiten hinaus senden.
00:38:16: Wir haben eine digitalisierte Dokumentation der Einsätze,
00:38:20: so dass ich gar keinen Stift und Zettelpapier mehr brauche.
00:38:24: Das macht uns sehr produktiv.
00:38:26: Diese Möglichkeiten, diese digitalisierten Systeme,
00:38:30: führen dazu, dass wir überhaupt erst so eine hohe Schlagzahl
00:38:33: an Einsätzen abarbeiten können.
00:38:35: Natürlich, als Feuerwehr wissen wir,
00:38:37: wir brauchen noch immer eine Rückfallebene
00:38:39: und auch das wird weiterhin unsere Herausforderung sein.
00:38:42: Wir können uns freuen bei der Berliner Feuerwehr,
00:38:44: wir haben eine relativ gute IKT-Abteilung,
00:38:48: also unsere Information und Kommunikationstechnologie
00:38:51: steht relativ gut da.
00:38:52: Da muss man wirklich sagen, da sind wir sehr gut aufgestellt.
00:38:57: Aber natürlich, neue Technologien brauchen wir auch,
00:39:00: um vielleicht den Herausforderungen der Zukunft begegnen zu können.
00:39:03: Und das kann auch im Rettungsdienst mal sein,
00:39:05: ein Exoskelett, was uns hilft,
00:39:07: die ganzen Belastungen des täglichen Rettungsdienstes gut zu überstehen.
00:39:12: Also sprich, ein Skelett, was uns unterstützt,
00:39:16: um schwere Patienten zu heben
00:39:18: und in diesen Belastungen im Alltag zu widerstehen.
00:39:20: Die sind teuer, aber die sind unglaublich hilfreich.
00:39:24: Da bräuchte man aber sicherlich ein paar davon, oder?
00:39:26: Absolut, gerade deswegen auf uns gar nicht so einfach,
00:39:29: so was zu beschaffen.
00:39:30: In der Berliner Feuerwehr bräuchten wir sehr viele,
00:39:32: weil wir sehr viele Einheiten am Rettungsdienst haben.
00:39:35: Aber es gibt auch andere Technologien,
00:39:36: die wir schon längst eingeführt haben.
00:39:38: Ich erinnere da nur an die Drohnen,
00:39:39: die uns helfen, Lagebilder zu erfassen,
00:39:41: bei speziellen Einsatzlagen.
00:39:44: Ich würde mich ja viel interessieren, wie nutzen Sie Drohnen?
00:39:47: Die werden tatsächlich insbesondere groß einsetzen,
00:39:50: genutzt, um eben entsprechend Überflüge zu machen
00:39:53: über unwegsames Gelände oder verwinkelte Gebäude,
00:39:56: um zu sehen, beispielsweise, wenn es einen Brand gibt,
00:39:59: wohin breitet sich der Brand geradeaus.
00:40:00: Also gerade in Dachstuhlbrennen nutzen wir das sehr gerne.
00:40:04: Aber natürlich auch, wenn wir mal eine Personensucher haben,
00:40:07: diese Drohnen sind ausgestattet auch mit Wärmelbildsystemen,
00:40:11: sodass wir auch da Wärmelbilder sozusagen detektieren können.
00:40:14: Und das ist für uns insbesondere auch für die Einsatzleitungen
00:40:18: eine sehr, sehr große Hilfe und auch nicht mehr wegzudenken,
00:40:21: heutzutage aus unserem Einsatzalltag.
00:40:23: Gibt es dann auf den Zügen so einen Drohnenpiloten
00:40:26: oder wie ist das aufgestellt?
00:40:27: Wir haben in der Stadt verschiedene Einheiten verteilt.
00:40:30: Auch einige freiwillige Feuerwehren besetzen
00:40:33: eben genau solche speziellen Drohnen-Einheiten.
00:40:36: Und die werden dann ganz normal wie normale Einsatzmittel dazu alarmiert,
00:40:40: wenn es eben die Lage erfordert.
00:40:41: Was wünschen Sie sich von der Bevölkerung am meisten?
00:40:45: Also ich glaube, zum einen ist das natürlich ein Verständnis dafür,
00:40:49: wofür ist die Feuerwehr da, mit welchen Krankheitsbildern
00:40:55: sollte man uns auf jeden Fall rufen, mit welchen Anfragen lohnt es sich,
00:41:01: aber auch einmal zum Hausarzt zu gehen
00:41:03: oder selbstständig eine Rettungsstelle aufzusuchen,
00:41:06: weil wovon man wirklich nicht ausgehen darf, ist immer die Annahme.
00:41:10: Wenn ich mit der Feuerwehr komme, dann werde ich ja schneller rangenommen.
00:41:14: Also ist das heutzutage mitnichten mehr.
00:41:16: Jeder Rettungsstelle triagiert, ein Patienten einmal durch,
00:41:20: dann wird er ein Kategorisiert und auch wenn man mit der Feuerwehr kommt
00:41:23: und dann aber niedrig kategorisiert wird,
00:41:26: dann wartet man mal ein paar Stunden.
00:41:28: Ich glaube, das Verständnis dafür ist unheimlich wichtig.
00:41:32: Was sind wirklich Notfallmedizinische Krankheitsbilder,
00:41:34: die jetzt auch zeitkritisch sind und wo der Notruf richtig und wichtig ist?
00:41:39: Dann ist das sicherlich das Verständnis,
00:41:42: dass wir nur zum helfen kommen
00:41:44: und man uns bitte den Weg freimacht
00:41:47: und nicht mit Unverständnis entgegentritt,
00:41:52: sondern wir helfen wollen und man uns darin unterstützt.
00:41:56: Ich glaube, das sind so zwei wichtige Punkte,
00:41:59: bei denen ich mich sehr freuen würde,
00:42:01: wenn das gut ankommt in der Bevölkerung.
00:42:03: Wenn wir einmal noch blicken auf die gute Feuerwehr,
00:42:07: als solche, also die medizinische Beinheit hat da wahrscheinlich
00:42:11: genau die gleichen Schwerpunkte wie die brandlöschende Feuerwehr
00:42:16: oder umglücksbeseitigende Feuerwehr,
00:42:19: oder gibt es dann auch zusätzliche Elemente, die da eine Rolle spielen?
00:42:23: Also vielleicht als Ergänzung noch,
00:42:25: natürlich freuen wir uns, wenn die Bevölkerung grundsätzlich
00:42:29: eine gewisse Resilienz hat mit sich bringt.
00:42:32: Das ist auch so ein Modewort, das ist mein Ziel.
00:42:35: Ein Modewort, was ich gerne erkläre oder was ich damit meine.
00:42:38: Es geht wirklich darum, wir haben ein Unwetter, wie jetzt gerade gesehen,
00:42:42: und da gibt es schon viele Anrufe, die solche kleinen Lagen beschreiben,
00:42:47: wo wir sagen, normalerweise kann man hingehen
00:42:50: und einen kleinen Ast, der über ein Gehweg liegt,
00:42:52: einfach selber wegziehen.
00:42:54: Einfach mal ein bisschen nachdenken, mitdenken und sagen,
00:42:57: hey, dafür muss jetzt nicht ein großes Löschfahrzeug kommen,
00:43:00: da von der Straße zu ziehen oder vom Gehweg zu ziehen.
00:43:03: Sondern ich trage hier selber meinen Teil
00:43:06: auch für ein ordentliches Miteinander in der Bevölkerung bei.
00:43:09: Und das geht eben weiter, eine gewisse Vorsorge,
00:43:14: das gilt auch für Stimme, ich räume vorher mein Balkon frei,
00:43:17: von Dingen, die wegfliegen könnten, wenn ein Sturm angesagt wird.
00:43:20: Und dann geht es natürlich auch weiter, ich sorge auch für mich ein bisschen vor,
00:43:24: wenn wir beispielsweise Lagen haben,
00:43:27: dass der Strom mal ausfällt längere Zeit,
00:43:29: dann bin ich ein bisschen besser vorbereitet.
00:43:32: Und ich kümmere mich auch um meine Nachbarn.
00:43:35: Das ist etwas, was wir uns wünschen,
00:43:36: von den Bürgerinnen und Bürgern in der Stadt,
00:43:38: ein bisschen mehr voneinander da zu sein,
00:43:40: ein bisschen mehr voneinander zu achten.
00:43:42: Und dazu gehört dann eben natürlich auch nicht den Notruf irgendwie zu nutzen,
00:43:46: mit, sagen wir mal, Bagatellfällen,
00:43:48: die man auch selber beim Arzt, auch wenn man da vielleicht
00:43:51: auch lange im Wartezimmer sitzt,
00:43:53: aber eben dort selber erledigen könnte.
00:43:56: Das ist eigentlich voller zu der Berliner Spirit, oder?
00:43:59: Der ursprüngliche.
00:44:01: Doch, das würde ich auch denken, auf jeden Fall.
00:44:03: Das zeichnet Berliner eigentlich auch aus.
00:44:05: Und es ist schön, wenn das weiterhin gestärkt wird und zunimmt.
00:44:10: Und man sieht das auch, ehrlich gesagt, ganz häufig.
00:44:13: Also, Nachbarn, die ihre ältere Nachbarn seit Jahren pflegen
00:44:17: und irgendwann an die Grenzen stoßen,
00:44:20: das gibt es in Berlin auch immer noch.
00:44:22: Und das ist auch toll, dass wir das so haben,
00:44:25: obwohl wir so eine riesige Stadt sind.
00:44:27: Herr Krasch, ich danke Ihnen für das wunderbare Gespräch.
00:44:30: Vielen Dank auch. - Gerne.
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